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Zotero: Freie Software für den Uni-Alltag

Seit Anfang Oktober studiere ich Politikwissenschaft in Leipzig. Für mich war das eine ziemliche Umstellung, aber eine schöne: mit viel mehr Flexibilität und Eigenständigkeit, im Vergleich zu dem, was ich aus der Schule kannte. Aber: Meinen neuen Alltag musste ich auch erst einmal organisieren. Ein frei lizenziertes Programm hat mir dabei besonders geholfen: Zotero. Und ich habe es lieben gelernt.

Was ist Zotero überhaupt?

Zotero verwaltet Literatur. In dem Programm lassen sich Texte abspeichern und organisieren, Meta-Daten kann man direkt dazu schreiben. Das ist besonders für wissenschaftliche Quellen wichtig. Denn so macht es Zotero leicht, richtig zu zitieren. Das Schöne ist: Zotero ist freie Software, die Entwickler:innen veröffentlichen ihr Programm unter der Affero General Public License.

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Wer selbst schon einmal wissenschaftlich gearbeitet hat, dem ist Zotero sicherlich ein Begriff. Auch in den Seminaren die ich besucht habe, wurde mir immer wieder empfohlen, eine Literaturverwaltung zu nutzen. Gegenüber dem großen Konkurrenten Citavi hat Zotero meiner Meinung nach eindeutig die Nase vorn: Wegen dem offenen Quellcode – und weil es plattformübergreifend verfügbar ist. Wir Linux-Nutzenden schauen nämlich in die Röhre, wenn wir uns für Citavi interessieren.

Learning by doing

Als ich mir Zotero also vor ein paar Monaten installiert habe, dachte ich erst: Oh Gott, wie soll ich mich hier nur einarbeiten. Von wissenschaftlichen Arbeitstechniken hatte ich bisher nur sporadisch etwas gehört – und eine Literaturverwaltung habe ich vorher natürlich auch noch nie benutzt. Ich dachte: Dass meine Uni Kurse für Zotero anbietet – das wird wohl seinen Grund haben.

Nach ein paar Stunden Ausprobieren habe ich dann aber festgestellt: Zotero zu nutzen, das ist keine Raketenwissenschaft. Auch wenn Raketenwissenschaftler vielleicht auch Zotero auf ihren Rechnern haben.

Eigentlich ist das Programm sehr ähnlich aufgebaut wie ein klassischer Webbrowser: Einzelne Dateien können nämlich in Tabs geöffnet und gelesen werden. Einen Überblick über seine Texte bekommt man in einer Liste, die immer geöffnet ist. Mit ein paar Klicks lässt die sich in einer Ordnerstruktur sortieren, einzelne Dateien können nach Publikationsform abgespeichert werden. Das ist auch wichtig, denn dann kann man ganz einfach Informationen zu den jeweiligen Dateien eintragen. Wer den Text verfasst hat zum Beispiel, und wann, und in welchem Verlag er veröffentlicht wurde.

Ich muss zugeben: Wie Zotero funktioniert, habe ich mir hauptsächlich durch „Learning by doing“ angeeignet. Das spricht aber für das Programm, finde ich.

Ob LibreOffice oder Word: Zotero ist gut integriert

Die meisten verwenden Zotero vermutlich, um richtig zu zitieren. Das lohnt natürlich nur, wenn man Zotero auch in das eigene Schreibprogramm einbindet. Ich nutze im Alltag LibreOffice Writer, um Texte zu verfassen. Bei der Einrichtung hat Zotero auch gleich eine Erweiterung für LibreOffice installiert, jetzt kann ich direkt von LibreOffice aus eine Fußnote einfügen – oder aber einen Eintrag im Literaturverzeichnis.

Open book drawing, vintage literature“/ CC0 1.0

Bei der Installation der Erweiterung hat sich LibreOffice kurz über einen Fehler beschwert – aber anscheinend hat alles geklappt, Zotero und seine Erweiterung laufen reibungslos. Alternativ kann man den Literaturverweis auch einfach in Zotero kopieren und dann im Writer-Dokument einfügen.

Natürlich gibt es auch eine entsprechende Zotero-Erweiterung für Word. Sogar im Markdown-Editor Zettlr kann man Zotero einbinden. In Google Docs fügt sich die Literaturverwaltung auch problemlos ein.

Möchte man neue Quellen speichern, hilft eine Zotero-Erweiterung für den Webbrowser. Bei mir läuft sie in Firefox – und zwar ohne Probleme. Öffnet man eine Datei im Browser, wird sie meistens direkt von Zotero erkannt, als Buch zum Beispiel, oder als Zeitschriftenartikel. Dann kann man sie mit einem Klick auf die Erweiterung in der eigenen Bibliothek speichern. Selbst Webseiten lassen sich so einsammeln. Wenn Zotero aus einer Quelle keine Meta-Daten auslesen kann, lässt sich die Datei trotzdem als PDF abspeichern.

Ein täglicher Begleiter

Besonders lange studiere ich jetzt noch nicht – und doch ist Zotero für mich schon zu einem guten Begleiter geworden. Ich nutze das Programm nicht nur, um Hausarbeiten oder Essays zu schreiben. Bei mir landen eigentlich alle PDF-Dateien in Zotero, wenn sie mir im Studium über den Weg laufen. Das gilt sogar für Vorlesungsfolien oder Handreichungen.

Selbst meine Uni-Mitschriften habe ich mittlerweile in Zotero verlagert. Denn das Programm hat eine eingebaute Notizfunktion, auf Markdown-Basis. Und weil man in Zotero auch Anmerkungen an Texte und andere Dokumente schreiben kann, lese ich mittlerweile den Großteil meiner PDF-Dateien direkt in dem Programm.

Zotero ist also mehr als eine bloße Literaturverwaltung. Ein Blick lohnt sich, wenn man viel mit Texten zu tun hat. Was spricht denn dagegen? Zotero ist freie Software – und kostet auch nichts.

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Review: Vertikale Tabs in Firefox

Mit Version 136 ist es so weit: Die Firefox-Entwickler:innen haben vertikale Tabs eingeführt. Wer möchte, kann sich seine offenen Webseiten jetzt auch an der linken oder rechten Seite des Browser-Fensters anzeigen lassen. Neugierig wie ich bin, musste ich das direkt einmal ausprobieren, immerhin gelten die Seiten-Tabs als ein heiß ersehntes Feature in der Community.

Nach so gut wie einem Tag am Rechner, mit den Tabs an der Seite muss ich sagen: Das macht richtig Spaß.

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Einfache Einrichtung

Um die neue Option einzuschalten, reichen zwei Klicks aus: Einmal in die Tab-Leiste mit der rechten Maustaste, und dann noch einmal mit der linken auf den Menüpunkt „Vertikale Tabs aktivieren“: Schon sortiert sich Firefox neu. Dann wird standardmäßig die Seitenleiste des Browsers eingeschalten, und hier finden sich dann auch die offenen Webseiten. Ganz oben stehen dabei angepinnte Webseiten, die in einer eleganten Spalte oder Zeile angezeigt werden.

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Mit einem Knopf ganz oben links in der Ecke können die Tabs aufgeklappt, oder auf die Favicons reduziert werden. Wer mag, kann die ausgeklappte Ansicht noch anpassen; am Rand kann man sie größer oder kleiner ziehen.

Ganz unten in der neuen Seitenleiste finden sich noch ein paar Schnellstarter: Hier kann man zum Beispiel auf die eigene Browser-Chronik zugreifen, auf Lesezeichen oder bestimmte Erweiterungen. Mit einem entsprechenden Menü lässt sich dieser Bereich anpassen. Eine Option schnell auf KI-Chatbots zuzugreifen brauche ich zum Beispiel nicht und habe sie einfach abgewählt.

Wer möchte, kann die Tabs auch an der rechten Seite anordnen, links ist aber Standard. Das gefällt mir gut, denn als Ubuntu-Nutzer ist mein Mauszeiger sowieso öfter in der Nähe des Docks, links an der Seite.

Ungewohnte Umstände

Tabs an der Seite – das ist erst einmal eine Umstellung. Firefox ist zwar nicht der erste Browser, der dieses Feature einführt. Edge, Arc und Zen haben es schon länger nativ eingebaut, setzen teils sogar darauf. Ich bin aber bisher immer mit horizontalen Tab-Leisten durchs Web gesurft.

Trotzdem: Lässt man sich auf das Konzept ein und erinnert sich manchmal selbst daran – dann kann man mit den vertikalen Tabs schon richtig Spaß haben. Vorbei sind damit nämlich die Zeiten, in denen die Tabs oben immer kleiner werden, mit steigender Anzahl. Mit vertikalen Tabs lässt sich die Liste viel bequemer überblicken, aufgeregtes Suchen wird weniger. Sicher, lässt man sich nur die Favicons anzeigen, muss man dazu erst den entsprechenden Button drücken. Aber das geht schnell.

Ich habe auch gehört, dass schon an einem neuen Feature gearbeitet wird: Angeblich sollen sich die Tabs an der Seite bald auch per Maus-Kontakt ausklappen lassen. Das wäre wirklich praktisch.

Mit den Tabs an der linken Seite sieht Firefox ein bisschen aus wie ein Chat-Programm: Auf Slack oder Matrix zum Beispiel werden einzelne Unterhaltungen ja auch links aufgelistet. Ganz unvertraut bin ich also auch nicht mit dem neuen Layout. Das hilft.

Winzige Wünsche

Ich bin begeistert von den neuen vertikalen Tabs. Gerade wenn man auf die minimale Anzeige setzt, nur mit den Favicons: Dann lässt sich richtig Platz sparen. Für einen Laptop-Nutzer wie mich ist das ein großer Vorteil. Meine Lesezeichen-Liste oben habe ich mit den vertikalen Tabs nun auch erst einmal ausgeblendet, denn darauf kann ich ja auch über die Seitenleiste zugreifen.

Wünschen würde ich mir noch ein paar Kleinigkeiten: Auf das automatische Einblenden der Tabs warte ich gespannt. Und wenn man sehr viele Tabs geöffnet hat, ist das vertikale Verschieben der Liste per Touchpad noch ein bisschen langsam – das könnte aber auch an meinem Rechner und Betriebssystem liegen. Eine Leiste zum Scrollen wird zwar eingeblendet, leider ist sie aber etwas schwer zu fassen. (Anmerkung: Scheinbar handelt es sich hier um ein Problem mit dem Wayland-Grafikserver. Unter Xorg besteht das Problem nicht.)

Vielleicht wären hier Pfeile nach oben und unten sinnvoll. Immerhin werden ja auch im traditionellen horizontalen Modus Pfeile eingeblendet, wenn man viele Tabs öffnet. Mir haben auf die Schnelle zwei Tastenkombinationen geholfen: Drückt man „Steuerung“ und „Bild auf“, springt Firefox einen Tab nach oben. Mit „Steuerung“ und „Bild ab“ geht es in die andere Richtung.

Auf GNU/Linux.ch hat Autor Ephraim auch angemerkt, dass das Kreuz zum Schließen der Tabs sehr klein ist, wenn nur die Favicons angezeigt werden. Das stimmt, aber mich stört es nicht. Ich schließe Tabs per Mittelklick, dann ist die Fläche groß genug.

Fazit: fantastisches Feature

Vielleicht merkt man mir das an: Ich finde, das neue Feature ist den Firefox-Entwickler:innen wirklich gelungen. Heute habe ich mich sogar bei dem Gedanken ertappt: Mh, wozu kann ich Firefox denn jetzt nutzen – nur um dieses neue Feature weiter zu testen. Hier etwas zu finden, fällt bei einem Webbrowser natürlich nicht schwer. Es ist schon interessant, was anders angeordnete Tabs für einen Unterschied machen können.

Vielleicht hatte ich auch mal eine Abwechslung nötig, in Sachen Browser-Layout. Meine Tabs jedenfalls werde ich wohl an der Seite behalten.

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Wenn der Rechner einfach funktionieren muss

In den letzten Monaten habe ich weniger für GNU/Linux.ch geschrieben. Das lag in erster Linie an einem Mangel an Zeit, durch den ich immer öfter nicht dazu gekommen bin, überhaupt zu schreiben. Trotzdem merke ich, dass ich früher anders an Artikel zu freier Software auf dem Desktop herangegangen bin. Denn früher habe ich tendenziell mehr auf meinen eigenen Rechner – oder auch einer alten Testmaschine – ausprobiert. Mittlerweile habe ich auf meinem “Alltags-Desktop” allerdings einen Punkt erreicht, an dem ich schlicht weniger testen möchte. Vielleicht ist mir damit auch eine gewisse Inspirationsquelle für Texte zu freien Software-Projekten weggefallen.

Macintosh Computer“ von Ian Prince/ CC0 1.0

Mittlerweile muss insbesondere der Rechner, den ich im Alltag nutze, zu allererst funktionieren. Tests und sonstige Experimente sind in diesem Sinne deutlich in den Hintergrund getreten und gehören für mich weniger zum Alltag als noch vor ein paar Monaten. Ich finde die Entwicklung in diese Richtung durchaus spannend – denn bevor sie eingetreten ist, habe ich sie eher als unwahrscheinlich abgetan. Für nachvollziehbar halte ich sie allerdings ebenso. Denn dass mein Rechner auf einmal vorrangig zuverlässig laufen muss, liegt nicht zuletzt daran, dass ich schlicht mehr Arbeit damit verrichten muss, wo ich sie früher vielleicht mehr verrichten wollte. Dahingehend ist das wohl eine ziemliche zunehmenden, zusätzlichen Anspruchs, der sich in einem Wunsch nach Verlässlichkeit niederschlägt.

Klar, ich könnte an Stelle meiner primären Hardware auch sekundäre zum Testen verwenden, oder gleich virtuelle Maschinen einsetzen. In der Vergangenheit ist Zweithardware für mich aber zu einer sicheren Bank geworden, auf die ich im Notfall, das heißt bei einem Ausfall meines Hauptrechners, zurückfallen könnte – damit hat sich mein alter Laptop im Grunde für ausgiebiges Ausprobieren disqualifiziert. Und virtuelle Maschinen? Nun, die sind für mich einfach nicht das selbe, wie echte Hardware – und für Reviews könnten sie schnell verzerrte Ergebnisse bedeuten.

Ich habe das Gefühl, dass viele, wenn nicht die meisten, auch in der FOSS-Community, einen ziemlich ähnlichen Anspruch an ihre Rechner haben, wie sich dieser auch bei mir eingestellt hat. Nachvollziehbar ist das, verständlich auch. Dauerhaft? Wer weiß das schon?

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Update zum GNU/Linux.ch-Wochenrückblick

Vor einiger Zeit habe ich auf der Kaffeediffusion schon einmal von dem Wochenrückblick auf GNU/Linux.ch geschrieben und einige Gedanken dazu geteilt. Heute habe ich einen weiteren Text zum Thema auf GLN veröffentlicht, auf den ich an dieser Stelle gern verweisen möchte. 🙂

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Distrohopping – Fluch oder Segen?

Hinweis: Den folgenden Text habe ich heute auf GNU/Linux.ch veröffentlicht.

Als ich mich zuerst mit GNU/Linux beschäftigt habe, fiel die Wahl meiner ersten Distribution auf Linux Mint. Ich hatte damit einen wirklich tollen Einstieg in die Welt des freien Betriebssystems – und auch in die FOSS-Gemeinschaft. Mir hat das Konzept dahinter sogar so gut gefallen, dass ich mich immer mehr mit den verschiedenen Aspekten der Software und der zugehörigen Community befasst habe. Ich habe versucht, mir möglichst viel Wissen dazu anzulesen, weil mich die Ideen hinter freier Software begeistert haben. Irgendwann bin ich dann auf die vielen weiteren Distributionen neben Linux Mint gestoßen, und es war um mich geschehen.

Mit der Zeit habe ich immer mehr Distros ausprobiert: Von Debian bis Slackware, von Manjaro und openSUSE bis zu Fedora, selbst Arch habe ich mir irgendwann angeschaut, um hier mal ein paar Beispiele zu nennen. Über die Monate und Jahre hinweg, in denen ich bisher Linux-Betriebssysteme verwendet habe, hatte ich Gelegenheit, so einige Projekte kennenzulernen. Und diese Gelegenheit habe ich auch genutzt. Mit dieser Verhaltensweise bin ich sicherlich nicht der einzige in der Community: Gerade Einsteiger werden oft zu „Distrohoppern“, die ihr Betriebssystem ständig wechseln. Zumindest kann dieser Eindruck aufkommen, wenn man sich die Diskussionen in den einschlägen Linux-Foren, zum Beispiel in den GNU/Linux.ch-Matrix-Kanälen anschaut.

Bei mir war das im Grunde nicht anders, das habe ich ja bereits beschrieben: Mein Interesse an freier Software hat mich dazu veranlasst, immer mehr davon zu testen. Dadurch konnte ich einiges hinzulernen, und die Stärken und Schwächen verschiedener Projekte herausfinden. Ich habe feststellen können, welche Software mir besonders gut gefällt, und welche eher nichts für mich ist. Eigentlich klingt das doch ziemlich positiv, oder? Denn nur wer sich wirklich mit einem Projekt, einer Anwendung oder eben einer Distribution auseinandersetzt, kann auch tatsächlich darüber urteilen. Vielleicht lassen sich so sogar Vorurteile ausschließen, was die Diskussionskultur in der FOSS-Gemeinschaft wiederum verbessern könnte. Aber ist das Distrohopping als ständiger Distributionswechsel wirklich so positiv?

Ja, ich sehe durchaus positive Seiten. Wenn man so über das Thema nachdenkt, kommen einem diese vermutlich auch am ehesten in den Sinn. Freie Software ist für viele ein Hobby, in das sie sich wunderbar vertiefen können. Das möchte ich auch niemandem absprechen – aber trotzdem habe ich das Gefühl, dass es nicht wirklich sinnvoll ist, das Distrohopping so einseitig zu betrachten.

Für mich spielt hier zunächst ein ganz grundlegender Faktor eine Rolle: Distrohopping kostet Zeit. In einer euphorischen Begeisterung über die Ideen freier Software fällt das vielleicht gar nicht so sehr auf. Doch genau hier liegt die Krux, ein Problem, dass sich für mich schleichend immer größer angefühlt hat. Es lohnt sich, das Ganze einfach mal durchzurechnen: Mal angenommen, ein Installationsabbild für eine Distribution ist zwei Gigabyte groß. Je nach Downloadgeschwindigkeit kann es mit einer Wlan-Verbindung durchaus eine Viertelstunde dauern, bis das Installationsabbild überhaupt heruntergeladen ist. Danach muss diese ISO-Datei noch auf ein Installationsmedium, also zum Beispiel einen USB-Stick geschrieben werden – das dauert überschlagen auch eine Viertelstunde. Wenn die eigentliche Installation dann wieder eine halbe Stunde beansprucht, liegt ein Anwender bereits bei einer Stunde „investierter“ Zeit.

Aber hier hört es noch lange nicht auf: Denn wenn ein System einmal installiert ist, möchte es auch eingerichtet werden. Wieder vergeht eine Stunde, oder auch zwei. Auch Dateien und Webbrowser-Lesezeichen möchten importiert werden, das frisst auch wieder Zeit. Und was ist eigentlich, wenn auf dem neuen System auf einmal unerwartete Probleme auftreten, die gelöst werden wollen? Ich weiß nicht, ob ich meine Schätzungen hier zu hoch ansetze – aber im Grunde können Anwender bei einem Distributionswechsel mit mindestens zwei, vielleicht sogar drei oder mehr Stunden Arbeit rechnen. Wenn nun ein Distrohopper monatlich, vielleicht sogar alle zwei Wochen oder noch regelmäßiger das eigene System austauscht, kommen da wohl einige Augenblicke zusammen.

Natürlich macht man das als Linux-Anwender gerne, natürlich lernt man die neue Distribution dadurch besser kennen und sammelt Erfahrungen zu freier Software im Allgemeinen. Aber eine Frage muss doch erlaubt sein: Lohnt sich das wirklich? Ich kann hier nicht für alle sprechen, nur für mich selbst. Und für mich selbst muss ich leider feststellen, dass sich meine Eskapaden durch den den Linux-Dschungel nicht immer gelohnt haben, und das ich mir manchmal zu große Hoffnungen von einer Distribution gemacht habe.

Wenn auf dem eigenen Rechner eine Distribution die nächste überschreibt, oder die fünfte virtuelle Maschine der Woche angelegt wird, frage ich mich schon, ob das Distrohopping hier so wirklich positive Auswirkungen hat. Klar, man lernt dazu – aber muss man dazu wirklich immer ein neues Betriebssystem installieren? Im Grunde lässt sich mit den meisten Distributionen ohnehin ein Großteil jeglicher Arbeit erledigen, die man je von einem System abverlangen könnte. Trotzdem habe zumindest ich viele Distros ausprobiert. Manchmal habe ich mich sogar dabei erwischt, bei Distributionen explizit nach Gründen zu suchen, etwas anderes auszuprobieren. So kann Distrohopping doch auch keinen Spaß mehr machen, oder?

Im Grunde läuft die Diskussion, die ich hier anstoßen möchte, auf eine Frage hinaus: Wann wollen wir uns mit einer Distribution zufrieden geben? Denn es sind immer unsere eigenen Ansprüche, die hier im Vordergrund stehen, und erfüllt werden wollen. Ich würde aus heutiger Sicht nicht sagen, dass ich meine Distrohopping-Abenteuer bereue – aber manche waren vielleicht doch zu viel des Guten. Ja, ich weiß heute, welche Distributionen ich mehr oder weniger gern mag. Aber hätte ich das nicht auch anders herausfinden können?

Die meisten grafischen Oberflächen können unter den meisten bekannten Distributionen problemlos nachinstalliert und individuell konfiguriert werden. Trotzdem haben Distros, die diese Aufgaben übernehmen, einen Reiz. Kleine Distro-spezifische Hilfsprogramme klingen toll, wenn man in einem Artikel darüber ließt. Aber im Alltag braucht man sie vielleicht doch nur einmal im Monat. Jede Distribution findet mindestens eine Anhängerin, nämlich diejenige, die sie erstellt. Aber ob sie auch für die große Masse der Linux-Anwender eine Installation wert ist, bleibt eine ganz andere Frage. Und bei manchen Distributionen würde ich diese heute wohl ein bisschen anders beantworten, als noch vor ein paar Wochen oder Monaten.

Momentan läuft bei mir ein Debian GNU/Linux-System auf dem Hauptrechner – und ich bin sehr zufrieden damit. Ich habe mir diese Installation genau so konfiguriert, wie ich sie gerne hätte, und habe eigentlich keinen Grund, noch über andere Distributionen nachzudenken. Trotzdem weiß ich, dass mich die neue Ubuntu-Version interessieren wird, und dass ich beim nächsten Fedora-Release die Augen offen halten werde. Ob ich das wirklich sollte, oder müsste – da bin ich mir selbst nicht ganz so sicher.

Distrohopping kann Spaß machen, es kann ein interessanter Zeitvertreib sein. Freie Software ist ein Hobby, und es ist auch mein Hobby. Aber ständig das eigene System zu tauschen, keiner Distribution treu zu bleiben – das kann auch auf die Nerven gehen. Zumindest ging es mir so. Momentan habe ich eher Lust, mich tiefgehender mit einer Distribution zu befassen. Meine Wahl fällt dabei auf Debian – wenn das bei euch anders ist, ist das auch vollkommen in Ordnung. Den schleichenden Verdacht, mit dem Distrohopping eigentlich stets an der Oberfläche der Software zu kratzen, mit der man sich eigentlich auskennen möchte, den konnte ich mit der Zeit einfach nicht mehr ausblenden. Und das wollte ich irgendwann auch nicht mehr. Wie seht ihr das?

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10. September 2023

Ich freue mich, denn ich habe es heute tatsächlich geschafft, noch einen Artikel für die Xfce-Serie zu schreiben, die am Montag auf GNU/Linux.ch starten wird. Hier ein kleiner Spoiler: Es ist ein kleines Tutorial geworden, wie man ein nerviges Piepgeräusch abstellen kann, das manchmal bei Xfce auftritt. Der Artikel dazu wird am Dienstag erscheinen. Ich bin wirklich gespannt, wie die Serie ankommen wird. Vielleicht finden sich bei dem Thema ja doch noch ein paar Gastautoren, die mitschreiben möchten. Mal sehen – abwarten, hoffen und Tee Kaffee trinken.

Element-Chat im Browser

Früher habe ich mich immer ein bisschen geärgert, dass der Matrix-Client „Element“, oder auch der Fork „SchildiChat“, nicht in den Debian-Paketquellen verfügbar ist. Heute habe ich mich aber auf eine Möglichkeit zurückbesonnen, die ich lange nicht mehr verwendet habe: Die Element-Entwickler bieten ihr Chatprogramm nämlich auch als Webapp an, die sich über jeden kompatiblen Browser aufrufen lässt. In Firefox hat diese zum Beispiel ganz und gar anstandslos funktioniert – was ich von der Desktop-Version unter anderen Distributionen nicht behaupten kann.

Allerdings verwundert es wenig, dass sich Element im Webbrowser genauso gut nutzen lässt, wie über einen nativen Anwendungsstarter: Der Client basiert meines Wissens nach ohnehin auf Electron. Und dieses Framework ist im Grunde nur eine Form des Chromium-Browser bzw. seiner Blink-Engine. Ich hoffe, dass ich das richtig verstanden habe, aber so sollte es sich im Grunde zusammenfassen lassen. Jedenfalls nutze ich Element jetzt über den Firefox. Und das funktioniert auch. Eigentlich ganz logisch.

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FLOSS

4. September 2023

Heute war ein langer Tag. Eigentlich sollte ich um die Uhrzeit wohl lieber langsam schlafen gehen. Ich halte mich also ein bisschen kürzer. So wirklich weiß ich gerade auch gar nicht, worüber ich heute schreiben sollte. Deswegen tippe ich einfach mal wieder drauf los. Klar, an solchen Tagen müsste ich auch nicht schreiben. Aber das Gefühl, es doch getan und irgendein Ziel erreicht zu haben, ist eben doch ganz schön.

Tipps und Tricks für Xfce

Mir ist wieder einmal eine Idee für eine Artikelserie gekommen. Jetzt mag man denken: Ach, wird aus diesem Ansatz für die Kaffeediffusion doch noch etwas? Naja, eigentlich würde ich die besagte Idee lieber auf GNU/Linux.ch umsetzen, das würde thematisch gut passen: In den letzten Tagen habe ich mir wieder einmal Xfce installiert. Alles in allem bleibt das wohl die Arbeitsumgebung, mit der ich einfach am besten zurecht komme, in die ich mich mittlerweile am einfachsten hinein finde und die meinen Vorstellungen insgesamt am nächsten kommt.

Xfce ist flexibel, funktional und anpassbar, aber trotzdem nicht übermäßig ressourcenhungrig. All diese grundlegenden Eigenschaften machen den Desktop für mich interessant – und ich habe das Gefühl, dass andere dieses Konzept ebenso ansprechen könnte. Meine Serienidee war daher, Xfce ein bisschen näher vorzustellen und Tipps für diesen tollen Desktop auszutauschen. Ich denke, dass das Ende der GNU/Linux.ch-Sommerpause da eine gute Gelegenheit sein könnte, um diese Idee umzusetzen.

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Friendica als Blogsystem?

Die Fediverse-Plattform Friendica ist wirklich sehr vielseitig. Neben dem klassischen Macroblogging, also dem Teilen von Texten, Bildern oder anderen Medien bietet die Plattformen umfangreiche Zusatzfunktionen, die sie sehr interessant machen. Gerade im Vergleich zu Projekten wie Mastodon oder ähnlichen ist Friendica sehr umfangreich und kann dadurch auch ganz vielfältig genutzt werden. Nachdem ich gestern wieder einmal über WordPress geschrieben habe, das Blogsystem mit dem die Kaffeediffusion derzeit betrieben wird, hat mich Gerhard gefragt, warum ich meinen Blog nicht auf Friendica schreibe.

Bevor ich zum eigentlichen Thema komme, möchte ich noch ein wenig zu meinem bisherigen Verhältnis zu Friendica schreiben: Ich finde die Software selbst sehr interessant und habe deshalb auch einen Account auf einer Friendica-Instanz. Genauer gesagt ist diese der tolle Server anonsys.net, den ich euch im Grunde nur weiterempfehlen kann. Ich habe Friendica eigentlich immer als soziales Netzwerk genutzt, auch wenn ich schon manchmal überlegt habe, ob sich die Software nicht auch zum Schreiben längerer Texte nutzen ließe. Da mein Blog aber auf WordPress läuft, ist Friendica in dieser Hinsicht nicht wirklich zum Zuge gekommen.

Wie gesagt: Ich habe schon einmal darüber nachgedacht, ob ich bei Friendica bloggen sollte. Neben dem Macroblogging unterstützt die Software nämlich auch einen funktionalen Rich-Text-Editor, der sich sogar als eigene Seite öffnen lässt. Auch eine Zeichenbegrenzung spielt bei Friendica eigentlich keine Rolle. Und durch ein Tag- oder Hashtag-System können Beiträge auch Blog-konform kategorisiert werden. Ja, selbst ein Abo über einen Feed ließe sich realisieren. Das alles, in Kombination mit den weiteren Friendica-Funktionen klingt eigentlich schon recht gut. Ich mag Friendica.

Trotzdem plane ich nicht, die Kaffeediffusion mittelfristig zu Friendica umzuziehen. Für mich liegt das vor allem in zwei Faktoren begründet: Zuerst einmal bin ich mit WordPress insgesamt doch recht zufrieden. Ich habe mich einmal in das System eingearbeitet und kenne mich jetzt halbwegs gut damit aus. Auch die zukünftige Entwicklungsstrategie, die die WP-Entwickler verfolgen, finde ich interessant.

Zweitens sehe ich Friendica primär als ein soziales Netzwerk. Dieses kommt für mich also eher in Frage, wenn ich Inhalte von einem Blog mit anderen teilen möchte – eher weniger als eigentliches Blogsystem. Während sich Leser meines Blogs mit WordPress als Basis ganz konkret dazu entscheiden ihn anzusurfen oder per RSS zu abonnieren, wäre die Kaffeediffusion auf Friendica wohl nur ein weiteres Profil, dem man folgen könnte. Mir würde damit ein gewisses Maß an Eigenständigkeit genommen, sowohl was die Struktur des Blogs als auch dessen Erscheinungsbild anbelangt. Hinzu kommt noch, dass bei Friendica viele Funktionen nur für angemeldete Nutzer bereitstehen. Kommentieren ohne einen Account im Fediverse wäre dann nur sehr schwer möglich.

WordPress gefällt mir eigentlich ganz gut – und Friendica bleibt für mich in erster Linie ein soziales Netzwerk. Ich möchte hier keine der beiden Plattformen schlecht reden oder schreiben. Stattdessen geht es mir nur um eines: Zumindest gefühlt sind Friendica und WordPress auf unterschiedliche Aufgaben zugeschnitten – und für die eine oder andere eben besser geeignet. Auch wenn ich die Kaffeediffusion in Zukunft wohl weiterhin mit WordPress betreiben werde, überlege ich aber gerade, ob ich die Artikel von diesem Blog nicht doch über einen eigenen Friendica-Account spiegeln sollte. Das ist technisch sehr einfach möglich. Und es würde Friendica-Freunden die Möglichkeit geben, die Kaffeediffusion direkt aus dem Fediverse heraus zu lesen und zu kommentieren. Vielleicht wäre das ein guter Kompromiss?

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Ist WordPress eigentlich noch ein Blog-System?

Dieser Blog läuft seit fünf Monaten auf dem weit verbreiteten Content-Management-System WordPress. Als ich die Kaffeediffusion im April von der Fediverse-Bloggingplattform writefreely zu WordPress umgezogen habe, war ich sehr gespannt auf die vielen technischen Möglichkeiten und Funktionen, die dieses CMS bietet. WordPress ist wohl nicht ohne Grund die absolute Nummer eins im Web, wenn es um das Betreiben von Webseiten oder Blogs geht. Sofern ich mich da richtig erinnere, sprechen die WordPress-Entwickler selbst von einem Marktanteil von etwa 40 Prozent im Web. Ist das nicht beeindruckend?

Ja na klar sind diese Zahlen wirklich eindrucksvoll. Allein die Vorstellung, dass statistisch jede zweite Seite, die ich ansteuere auf WordPress fußt, finde ich krass. Eine solche Verbreitung lässt meiner Meinung nach auch Rückschlüsse auf die Qualität von WordPress insgesamt zu, denn diese Verbreitungswerte erarbeitet man sich natürlich nicht von heute auf morgen. Aber eine Frage muss ich mir hier doch erlauben: War WordPress nicht ursprünglich als ein Blog-System gedacht?

Ein Blog lässt sich mit WordPress heute natürlich noch immer betreiben. Aber manchmal habe ich das Gefühl, dass insbesondere auch die starke Verbreitung des CMS dazu führt, dass sich diese eigentlich kleine Zielgruppe doch immer mehr ausweitet: WordPress kann mit Plugins und Themes in alle möglichen Richtungen erweitert werden – und das lässt natürlich einen ziemlichen Spielraum für kreative und vielleicht auch ziemlich profitorientierte Ideen.

Die Grundfunktionalität von WordPress spricht mich als Blogger durchaus an. Ich benutze auch nicht viele Plugins, und im Grunde bleibt WordPress bei mir ganz klar ein Blogsystem. Aber wenn ich mir so die Themes im WP-Themeverzeichnis anschaue, oder darauf achte, wie viele mit Plugins, Layouts und ähnlichem Geld zu verdienen versuchen – da frage ich mich schon, an wen sich WordPress heute eigentlich mehr richtet. Geht es hier primär um Blogger, oder doch um Unternehmenswebseiten?

Ich vermute, dass 40 Prozent der Seiten im Web nicht allesamt Blogs sind, sondern zu einem großen Anteil eben Webauftritte von Unternehmen, Projekten oder auch andere Nachrichten- oder allgemein Inhaltsportale. Dass die Entwickler der verschiedenen Plugins sich hier eher an eine andere Anwenderklientel wenden, kann ich in der Hinsicht auch nachvollziehen. Man könnte natürlich auch so argumentieren, dass WordPress schon im Kern die wichtigsten Grundfunktionen abdeckt, die Blogger sich wünschen könnten. Mit WordPress zu bloggen, erfordert schon ein bisschen Einarbeitung. Aber wenn man es einmal verstanden hat, kann das System eigentlich ein guter Begleiter für Webautoren sein.