Schlagwort: Friendica

Gedanken zu Bluesky

Der Twitter-Exodus geht weiter: Nachdem er im letzten Jahr insbesondere Mastodon viel Aufmerksamkeit eingebracht hat, ist Bluesky nun in aller Munde. Das ist ein soziales Netzwerk, welches ursprünglich von Twitter-Mitbegründer Jack Dorsey ins Leben gerufen wurde, mittlerweile aber eigenständig geworden ist. Auch Bluesky plant – wie das Fediverse – zumindest zukünftig einen dezentralen Ansatz zu verfolgen. Anders als Mastodon, Peertube oder writefreely zum Beispiel setzen die Bluesky-Entwickler allerdings nicht auf den Protokollstandard ActivityPub sondern formen ihr eigenes „AT-Protokoll“. Die Dezentralität ist momentan allerdings nur ein Plan und noch nicht in die Realität umgesetzt worden. Auch an anderer Stelle ist Bluesky noch nicht besonders ausgereift. So fehlen laut meinem Wissensstand bisher etwa die Unterstützung für Hashtags oder auch Direktnachrichten.

Bluesky befindet sich in einer öffentlichen Betaphase und ist wohl noch nicht für die breite Annahme in der Öffentlichkeit gedacht – vielleicht weil derartig essentielle Funktionen fehlen. Trotzdem ist der Dienst bereits jetzt in aller Munde. Wer Bluesky ausprobieren möchte, kommt derzeit nicht unbedingt „rein“, denn dafür muss man sich entweder auf eine Warteliste setzen lassen oder einen Einladungscode vorweisen. Auch ich selbst habe bisher noch keinen Zugang zu dem Netzwerk, dazu später mehr. Mich interessiert es aber allein schon deswegen, weil es momentan in aller Munde ist. Da stellt sich für mich ganz unweigerlich die Frage: Warum eigentlich?

Ein soziales Netzwerk in seiner frühen Anfangsphase, und dennoch sprechen alle darüber: Das ist wohl eine Situation, die nur Elon Musk hat bewirken können. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Bluesky unter normalen Bedingungen ebenso bekannt geworden wäre. Noch ist der Dienst übrigens auch noch nicht der Twitter-Nachfolger, zu dem ihn manche bereits erklären. Ursprünglich ist er sogar nur als ein Nebenprojekt des Netzwerks gestartet, dass heute X heißt.

Bluesky betrachte ich momentan nur von außen, und natürlich aus der Sicht des Fediverse. Auf Mastodon zum Beispiel hat eine ganz besondere Entwicklung eingesetzt: Immer mehr Menschen findet man auch auf Bluesky, oder aber sie fragen nach einem Zugangscode. Woran mag das wohl liegen? Mehrmals habe ich jetzt bereits mitbekommen, dass manchen ihre Aufnahme im Fediverse nicht gefallen hat. Zu viele Erklärung, nach denen eigentlich nicht gefragt wurde, so klingt für mich der Tenor. Zu kompliziert, gerade für ehemalige Twitter-Nutzer, nehmen manche Mastodon wahr.

Mir selbst ging das eigentlich immer anders. Ich habe mich in der Vergangenheit gern mit den sozialen und technischen Zusammenhängen hinter dem Fediverse beschäftigt. Mich fasziniert dieses einzigartige föderierte und gleichzeitig nicht-kommerzielle soziale Netzwerk auch heute noch. Ich habe auf diesem Blog auch schon ein FAQ geschrieben, um Einsteigern eine weitere Ressource bieten zu können, die den Einstieg in Mastodon und Konsorten vielleicht vereinfachen könnte. Für mich wirkte das Fediverse wohl schon deswegen nicht kompliziert, weil ich in dessen Struktur schon seit Monaten großes Potential sehe.

Dennoch ist meine Neugier für Bluesky geweckt. Zunächst schlussfolgere ich aus den vielen Anfragen nach Bluesky-Invitations auf Mastodon, dass dieser Dienst etwas falsch gemacht haben muss, wenn es um die Aufnahme von ehemaligen Twitter-Nutzern geht. Oder aber zumindest zu anders gewesen sein muss, als dass diese sich sofort hätten wohl gefühlt. Auch heute scheint da etwas im argen zu liegen, was Mastodon für manche unattraktiv macht. Vielleicht liegt das auch daran, dass Mastodon sich immer wieder erklären musste – selbst wenn das eigentlich einfach möglich war.

Wer das Fediverse kennt, kennt auch Mastodon. Wer aber Mastodon kennt, kennt noch nicht zwangsläufig das Fediverse. Immer wieder wurde in den vergangenen Monaten über Mastodon berichtet, insbesondere in sehr großen Leitmedien. Immer wieder wurde das Thema der Dezentralität angesprochen, aber nur mehr oder weniger gut aufgearbeitet. Aber das Fediverse als größeres Ganzes blieb oftmals eben doch unerwähnt. Das Potential, dass Mastodon für mich entfaltet, kommt besonders durch seine Anbindung an ebenjenes Fediverse. Vielen ist diese aber vielleicht einfach noch nicht bewusst geworden.

Woran auch immer es gelegen haben mag: Mastodon hat zumindest für mich nicht seinen Charme, aber ganz deutlich seinen Hype verloren. Diesen hat man wohl an Bluesky abgetreten, selbst auf der eigenen Plattform. Sicherlich wird über dieses Thema noch viel geschrieben werden, vor allem aus dem Fediverse heraus. Ich stelle mir hier auch noch ganz viele Fragen, vielleicht kann ich diese in Zukunft für mich selbst beantworten. Fast kommt derzeit das Gefühl auf, dass der Aufschwung, den ich einst vermutet habe, doch kleiner als angenommen gewesen sein könnte. Klar ist: Wenn neue Nutzer sich nicht auf einer Plattform wohl fühlen, sind sie auch nicht für diese gewonnen worden.

Ich weiß momentan aber auch noch nicht, was ich von Bluesky halten soll. Für mich wirkt die Plattform wie ein großes Versprechen, dass einige sicherlich als eine Chance begreifen. Wenn manchen Mastodon nicht gefällt, setzen sie wohl Hoffnungen in Bluesky. Denn gerade jetzt, das Elon Musk sogar Wahlaufrufe für die rechtsextreme AfD teilt, wird deutlich: Die Bewegung weg von Twitter ist noch lange nicht vorbei.

Twitter hatte für mich ein großes Potential, nämlich die Möglichkeit netzbasierte Diskussionen in einem großen Stil Realität werden zu lassen. Jetzt, da Elon Musk Herrscher über X ist, fällt seine Plattform für viele als Diskussionsportal einfach weg. Mir geht es da ja nicht anders. Man muss auch zugeben: Dem Fediverse ist es bisher nicht gelungen, die Funktion die Twitter früher hatte zu erfüllen. Womöglich ist das gar nicht der Anspruch, den Mastodon und Konsorten verfolgen sollten oder wollen. Denn Twitter ist nicht erst seit Elon Musk eine schwierige, anstrengende und nervenaufreibende Plattform gewesen. Aber das Potential, dass ich in Twitter gesehen habe, kannten andere wohl auch.

Ich kann die Suchbewegung zu anderen Netzwerken deswegen sehr gut nachvollziehen. Auch wenn ich nicht erst seit Musk im Fediverse unterwegs bin, seit ihm habe ich mich von Twitter verabschiedet. Mir war schon seit der Verkündigung der Übernahme klar, dass Twitter nicht mehr die selbe Plattform sein wird – und von dieser Annahme bin ich noch immer überzeugt. Aber interessant ist vor allem, dass es keinem anderen Netzwerk gelungen ist, Twitter obsolet zu machen in seiner historischen Rolle.

Das Fediverse wurde bisher nicht von ausreichend Menschen aktiv angenommen. Instagram ist zu Bild-basiert und Facebook gilt gerade unter jüngeren als ein Netzwerk für ältere. Tumblr ist in Vergessenheit geraten. Reddit ist ganz anders strukturiert als Twitter es war – und hat überdies auch eigene Probleme. Meiner Meinung nach wäre gerade Mastodon ein guter Ersatz für Twitter gewesen. Diese Rolle würde ich der Software auch heute noch zutrauen, aber mit dieser Position fühle ich mich schon fast wie in einer Minderheit.

Fakt ist: Wenn ein soziales Netzwerk populär werden möchte, braucht es immer ausreichend Teilnehmer. Um diesen Netzwerkeffekt und das Problem, dass Nutzer wegen ihrem Freundeskreis womöglich auf einer unliebsamen Plattform verweilen, kommt wohl kein Wettbewerber herum. Was auch immer die Intention Elon Musks beim Twitter-Kauf gewesen sein mag: Die Folgen davon waren und sich dramatisch.

Das Fediverse ist für mich eine der besten Antworten auf die Frage der sozialen Netzwerke: Eine dezentrale Ausrichtung und Unabhängigkeit von Kapitalgebern oder Aktionären – das sind für mich die Stärken, das Potential und die Chancen, die das Fediverse bietet. Ob es diese bisher ausspielen konnte – oder jemals in einem großen Umfang wird, steht auf einem anderen Blatt. Wie stehe ich nun aber konkret zu Bluesky?

Auch Bluesky ist mir um einiges lieber als Twitter oder Instagram. Die Software wird zumindest offen fortentwickelt und das Versprechen der Dezentralität lässt mich hoffen, dass es wirklich umgesetzt wird. Noch ist Bluesky für mich aber Schall und Rauch. Ich möchte meine Hoffnungen nicht so stark wie andere in die Plattform stecken, weil ich sie noch nicht kenne. Ich möchte sie nicht ablehnen, weil ich damit noch keine Erfahrungen habe. Und ganz nebenbei gibt es bei den Möglichkeiten, die Bluesky vermeintlich mit sich bringt auch einen ganz persönlichen Wermutstropfen: Ich trauere um das Fediverse, dass dadurch an Beachtung verliert.

Angenommen ich bekäme einen Bluesky-Einladungscode. Was würde ich wohl damit machen? Ihn aus pseudo-ideologischen Gründen nicht zu nutzen, grenzt für mich ehrlich gesagt an Sturheit. Natürlich finde ich das Fediverse sympathischer als ein Netzwerk, dass wiedereinmal mit Venture-Kapital finanziert wird. Aber ich kann doch nicht darüber urteilen, ohne mir je ein genaues Bild davon gemacht zu haben. Anders als bei Threads zum Beispiel, ist für mich auch wesentlich unklarer, in welche Richtung sich das Netzwerk entwickeln könnte.

Threads ist ein Projekt des Meta-Konzerns und den kenne ich meiner Meinung nach gut genug, um ihn unsympathisch zu finden. Wie Datenschutz, Werbung und Moderation aber auf Bluesky umgesetzt werden, das steht noch in den Sternen des blauen Nachthimmels. Ich möchte Bluesky nicht von vornherein ablehnen, weil das zumindest gefühlt ein wenig unfair wäre. Natürlich mache ich mir Gedanken, weil auch Bluesky seinen Aktionären verhaftet sein könnte. Aber wohin die Reise wirklich geht, das ist für mich noch nicht klar. Bei Meta ist diese Endstation abzusehen, bei X wird sie Tag für Tag deutlicher erkennbar.

Ich würde mir Bluesky gerne einmal ansehen. Ich würde mich auch darüber freuen, wenn mir ein Einladungscode zugespielt würde. Ob das nun geschieht oder nicht, das ist eine andere Sache. Ich werde diesen Text auch im Fediverse teilen und danach fragen. Meine Motivation ist eigentlich ganz einfach: Derzeit ist mir Bluesky noch ziemlich suspekt. Ich finde es schade, dass Mastodon hier scheinbar das Wasser abgegraben wird, ich finde es schade, dass ActivityPub eine Implementation weniger vorweisen kann. Aber dass Bluesky zumindest quelloffen ist und Dezentralität angestrebt wird, sehe ich doch als einen deutlichen Fortschritt im Vergleich zu Facebook, Instagram oder Twitter.

Mir war es übrigens auch wichtig, diesen Text zu verfassen, bevor ich mich nach einem Code erkundige. Das Fediverse liegt mir am Herzen – und das möchte ich hier auch ganz deutlich ausdrücken. Bevor so viele Nutzer von Twitter zu Mastodon gewechselt sind, gab es im dezentralen sozialen Netzwerk bereits eine ausgeprägt Nutzerkultur. Und diese wird sicherlich auch in Zukunft weiterbestehen. Selbst wenn die große öffentliche Aufmerksamkeit zu Bluesky wandert, verbleibt mit Sicherheit eine engagierte Community um das und in dem Fediverse. Ich freue mich immer wieder, ein Teil dieser Gemeinschaft sein zu dürfen und zu können. Mastodon, Friendica und den anderen Fediverse-Dienste nun also zugunsten Blueskys vollständig den Rücken zu kehren, halte ich für grundfalsch. Ich hoffe, dass diesen Diensten auch in Zukunft noch Öffentlichkeit zuteil wird – momentan scheint diese aber abgenommen zu haben. Als Twitter noch Twitter war und hieß, habe ich diesen Dienst allerdings auch benutzt. Vielleicht können Bluesky, Mastodon und das Fediverse als ganzes auch nebeneinander existieren? Vielleicht sogar miteinander.

Friendica als Blogsystem?

Die Fediverse-Plattform Friendica ist wirklich sehr vielseitig. Neben dem klassischen Macroblogging, also dem Teilen von Texten, Bildern oder anderen Medien bietet die Plattformen umfangreiche Zusatzfunktionen, die sie sehr interessant machen. Gerade im Vergleich zu Projekten wie Mastodon oder ähnlichen ist Friendica sehr umfangreich und kann dadurch auch ganz vielfältig genutzt werden. Nachdem ich gestern wieder einmal über WordPress geschrieben habe, das Blogsystem mit dem die Kaffeediffusion derzeit betrieben wird, hat mich Gerhard gefragt, warum ich meinen Blog nicht auf Friendica schreibe.

Bevor ich zum eigentlichen Thema komme, möchte ich noch ein wenig zu meinem bisherigen Verhältnis zu Friendica schreiben: Ich finde die Software selbst sehr interessant und habe deshalb auch einen Account auf einer Friendica-Instanz. Genauer gesagt ist diese der tolle Server anonsys.net, den ich euch im Grunde nur weiterempfehlen kann. Ich habe Friendica eigentlich immer als soziales Netzwerk genutzt, auch wenn ich schon manchmal überlegt habe, ob sich die Software nicht auch zum Schreiben längerer Texte nutzen ließe. Da mein Blog aber auf WordPress läuft, ist Friendica in dieser Hinsicht nicht wirklich zum Zuge gekommen.

Wie gesagt: Ich habe schon einmal darüber nachgedacht, ob ich bei Friendica bloggen sollte. Neben dem Macroblogging unterstützt die Software nämlich auch einen funktionalen Rich-Text-Editor, der sich sogar als eigene Seite öffnen lässt. Auch eine Zeichenbegrenzung spielt bei Friendica eigentlich keine Rolle. Und durch ein Tag- oder Hashtag-System können Beiträge auch Blog-konform kategorisiert werden. Ja, selbst ein Abo über einen Feed ließe sich realisieren. Das alles, in Kombination mit den weiteren Friendica-Funktionen klingt eigentlich schon recht gut. Ich mag Friendica.

Trotzdem plane ich nicht, die Kaffeediffusion mittelfristig zu Friendica umzuziehen. Für mich liegt das vor allem in zwei Faktoren begründet: Zuerst einmal bin ich mit WordPress insgesamt doch recht zufrieden. Ich habe mich einmal in das System eingearbeitet und kenne mich jetzt halbwegs gut damit aus. Auch die zukünftige Entwicklungsstrategie, die die WP-Entwickler verfolgen, finde ich interessant.

Zweitens sehe ich Friendica primär als ein soziales Netzwerk. Dieses kommt für mich also eher in Frage, wenn ich Inhalte von einem Blog mit anderen teilen möchte – eher weniger als eigentliches Blogsystem. Während sich Leser meines Blogs mit WordPress als Basis ganz konkret dazu entscheiden ihn anzusurfen oder per RSS zu abonnieren, wäre die Kaffeediffusion auf Friendica wohl nur ein weiteres Profil, dem man folgen könnte. Mir würde damit ein gewisses Maß an Eigenständigkeit genommen, sowohl was die Struktur des Blogs als auch dessen Erscheinungsbild anbelangt. Hinzu kommt noch, dass bei Friendica viele Funktionen nur für angemeldete Nutzer bereitstehen. Kommentieren ohne einen Account im Fediverse wäre dann nur sehr schwer möglich.

WordPress gefällt mir eigentlich ganz gut – und Friendica bleibt für mich in erster Linie ein soziales Netzwerk. Ich möchte hier keine der beiden Plattformen schlecht reden oder schreiben. Stattdessen geht es mir nur um eines: Zumindest gefühlt sind Friendica und WordPress auf unterschiedliche Aufgaben zugeschnitten – und für die eine oder andere eben besser geeignet. Auch wenn ich die Kaffeediffusion in Zukunft wohl weiterhin mit WordPress betreiben werde, überlege ich aber gerade, ob ich die Artikel von diesem Blog nicht doch über einen eigenen Friendica-Account spiegeln sollte. Das ist technisch sehr einfach möglich. Und es würde Friendica-Freunden die Möglichkeit geben, die Kaffeediffusion direkt aus dem Fediverse heraus zu lesen und zu kommentieren. Vielleicht wäre das ein guter Kompromiss?

Muss das Fediverse konkurrenzfähig sein?

In den letzten Monaten konnte das Fediverse einen massiven Aufschwung verzeichenen, weil Nutzerinnen und Nutzer großer sozialer Netzwerke ihre ehemaligen Plattformen verlassen haben. Bestes Beispiel ist und bleibt hier Twitter, zeitweise gab es auch auf Reddit zumindest einige, die über Lemmy als föderierte Alternative nachgedacht haben. Infolge dieser Nutzerbewegungen bekam das Fediverse auch viel Aufmerksamkeit in den etablierten Medien. Das, was zuvor vor allem unter Nerds bekannt und beliebt war, rückte damit ein Stück weiter in die Öffentlichkeit.

Welche Rolle viel beachtete Medien im Zeitgeschehen spielen, darüber lässt sich streiten. Die Aufmerksamkeit für das Fediverse wurde durch die mediale Aufmerksamkeit natürlich nicht kleiner. Aber im Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit ergeben sich auch Fragen, über die man vielleicht in der eigenen Geek-Blase zuvor nicht nachgedacht hätte. Immerhin fand oftmals ein direkter Vergleich des Fediverse mit den etablierten sozialen Netzwerken statt; verstecken konnte sich das Fediverse davor einfach nicht. Mastodon ist wohl mit Abstand zum bekanntesten Dienst im Fediverse geworden, oder an dieser Position geblieben. Aber bestimmte Fragen gehen auch über die Grenzen eines einzelnen Dienstes hinaus und betreffen das gesamte föderierte Netzwerk.

Einer dieser Diskussionspunkte ist der um die Konkurrenzfähigkeit des Fediverse: Im Gegensatz zu den etablierten Social-Media-Webseiten und -Plattformen wird das Fediverse nicht von großen Unternehmen getragen. Hinter dem Fediverse steckt kein großer Berg an Investorengeld, dass diese früher oder später wieder oder vermehrt auf ihrem Konto wissen wollen. Das Fediverse ist de-facto nicht monetarisiert: Kein Nutzertracking, keine personalisierte Werbung, oftmals nicht einmal Nutzungsentgelte für die einzelnen Instanzen. So ist der Status-quo im Fediverse.

Gegenüber den kommerziellen Social-Media-Diensten ist das wirklich eine Besonderheit. Jetzt, da manche das Fediverse mit diesen Diensten konkurrieren sehen, stellt sich doch die Frage, welches Modell langfristig erfolgreicher sein kann. Und genau das ist wieder einmal der richtige Zeitpunkt, um einen Disclaimer dazulassen: Ich bin kein Statistik-Experte, kein Social-Media-Forscher und kein Netzwerkanalyst. Allerdings hält mich das nicht davon ab, mir meine eigenen Meinungen zu solchen Themen zu bilden – weil das Fediverse meiner Ansicht nach viel Potential bietet.

Natürlich bleiben offene Fragen, wie sich das Fediverse in Zukunft bewähren sollte. Das möchte ich gar nicht abstreiten. Aber bevor wir uns darüber Gedanken machen, lohnt sich wohl doch ein Blick in die Vergangenheit des dezentralen sozialen Netzwerks. Und vor allem auf die Gründe, die Plattformen wie Mastodon, Friendica und Konsorten zu ihrem bisherigen Erfolg verholfen haben. Für mich stellt sich deswegen eher die Frage: Baut der Erfolg des Fediverse‘ nicht eigentlich darauf, dass es nicht den negativen Folgen kommerzieller Interessen ausgesetzt ist? Mastodon zum Beispiel wirbt ganz prominent damit, dass es nicht von heute auf morgen aufgekauft werden kann – wie das bei Twitter der Fall war.

Social-Media-Unternehmen wollen aufgrund der Investitionsstrukturen hinter ihnen profitabel wirtschaften. Und Umsatz und Profit generieren sie eben hauptsächlich über ihr Angebot als Werbeplattform. Frei nach dem Motto: Hier könnte ihre Werbung stehen – und sogar gesehen werden. Damit sich das aber lohnt, sich kommerzielle soziale Netzwerke auch daran interessiert, ihre Nutzer möglichst lange auf ihren Seiten zu halten. Doom-Scrolling, Glücksgefühle durch Likes und Follower, ständige Vergleiche mit anderen und vielleicht auch ein gewisser sozialer Darstellungsdruck – kann sich das nicht negativ auf die eigene Psyche auswirken? Ist es das wirklich wert?

Historisch betrachtet hatten auch die großen sozialen Netzwerke oft Probleme damit, überhaupt profitabel zu sein. Das Fediverse hat deswegen einen massiven Vorteil: Wo ein Dienst nicht profitabel sein muss, und sich zum Beispiel durch Spendengelder trotzdem weiterfinanzieren und in sich tragen kann – wo muss er dann mit den großen Playern wetteifern? Ich bin froh, dass sich das Fediverse nicht irgendwelchen Investoren verantworten muss. Ja, das ist einer der Hauptgründe, weswegen ich so große Hoffnungen in das Fediverse als Plattform setze.

Facebook hat Millarden Nutzer, Twitter hatte einst hunderte Millionen, vielleicht ist das immer noch so. Im Vergleich dazu wirkt das Fediverse klein und beschaulich. Aber selbst die Zahl von 1,9 Millionen monatlich aktiven Nutzern, von denen die Mastodon-Entwickler gerade für ihren Dienst ausgehen, reicht aus: Langweilig wird es im Fediverse nicht, zumindest zeigen das meine Erfahrungen. Als ich neu im Fediverse war, musste ich auch erst einmal Leute finden, denen ich folgen konnte. Und Personen aus dem realen Leben im Fediverse wiederzutreffen, ist immer noch eine absolute Ausnahme. Wenn, dann ist es sogar meistens so, dass mein Umfeld erst durch mich auf das Fediverse aufmerksam wird.

Trotzdem finde ich, dass wir hier nicht verzagen sollten: Ich folge auf Mastodon derzeit in etwa 500 Profilen – und meine persönliche Timeline ist bunt, recht stark frequentiert und interessant. Das Fediverse muss nicht krampfhaft mit anderen Diensten konkurrieren, weil es schon in sich ein unglaubliches Potential bietet. Nicht zuletzt auch die Chance, Social Media endlich selbst in die Hand nehmen zu können. Darauf können wir im Fediverse meiner Meinung nach stolz sein – und vor großen, kommerziellen Diensten brauchen wir uns auch nicht zu verstecken.

Der Preis für Social Media

Wie habe ich eigentlich schon darüber geschrieben, dass ich die großen sozialen Netzwerke Twitter, Instagram (und Facebook) nicht besuche oder benutze? Ich habe jedenfalls nicht mitgezählt – aber falls ihr das gemacht haben solltet, könnt ihr den Stand jetzt um eins erhöhen. An manchen Tagen freue ich mich sehr, nicht auf den großen sozialen Netzwerken unterwegs zu sein – oder unterwegs sein zu müssen. Denn als ich Twitter und Instagram noch genutzt habe, war ich mit der Zeit immer weniger mit diesen Plattformen zufrieden: Instagram wurde immer nerviger und Twitter hat Elon Musk aus dem Rennen genommen. Einen Account bei Facebook hatte ich ohnehin nie. Ja, ich rede und schreibe gern über dieses Thema, weil es für mich wie kein zweites ein gewisses Spannungsfeld abbildet: Das, in dem wir uns im interaktiven „Web 2.0“ stets und ständig wiederfinden.

Nachdem die klassischen Nutzungsformen des Web 1.0, insbesondere das Basteln eigener Homepages oder das Verfassen langer Blogartikel etwas aus der Mode gekommen ist, hat sich das Web 2.0 entwickelt. Damals, als die oben genannten großen sozialen Netzwerke gegründet und immer größer wurden, hat ein Trend eingesetzt hin zu dem Netzwerksystem, das das Web noch bis heute dominiert. Inhalte von Nutzern werden heute in großem Maßstab auf Plattformen veröffentlicht, bei denen sich prinzipiell jeder anmelden kann. In der Regel geht das kostenlos; aber wem erzähle ich hier etwas neues. Ich möchte ja nur einmal resümieren: Das Web 2.0 ist heute eine besonders bedeutsame Form, Inhalte ins Netz zu stellen und zu diesen Stellung zu beziehen. Ob Texte, Kurznachrichten, Videos oder Audios: Für die verschiedenen Medienformen existieren oftmals gleich mehrere Dienste.

In der Schule habe ich gelernt, dass man immer erst etwas positives zur Arbeit eines anderen sagen soll, wenn man diese einschätzt: Die verbreiteten Dienste des Web 2.0 lassen sich an vielen Stellen kritisieren. Aber bevor ich zu diesem Teil übergehe, möchte ich zunächst ein paar interessante Aspekte hervorheben, die wir hier vielleicht auch nicht vergessen sollten: Dienste wie Twitter zum Beispiel haben Kommunikation im Netz viel schneller und sicherlich auch einfacher gemacht. Es ist nachvollziehbar, wenn nicht jeder eine Webseite schreiben möchte, der etwas über das Web mitteilen mag. Die großen sozialen Netzwerke haben die Kommunikation über das Netz als ganzes mit Sicherheit verstärkt. Und ich wage auch zu behaupten, dass durch die großen sozialen Netzwerke mehr Menschen überhaupt mit dem Netz in Kontakt gekommen sind. Vermutlich sind so auch wesentlich mehr Perspektiven in das eingeflossen, was ich gerne als „Netzkultur“ zusammenfasse.

Als Teil des WWW können soziale Netzwerke Menschen einen Raum geben, um ihre Ansichten, Meinungen und auch ihr Wissen mit anderen zu teilen. Das finde ich schön und möchte es den großen Plattformen auch nicht absprechen, wenn meine Kritik an ihnen harsch ausfällt. Allerdings stellt sich doch immer die Frage, welchem Preis man dafür zahlen muss, um die Vorzüge sozialer Netzwerke ausschöpfen zu können. Facebook, Twitter, Instagram und Konsorten: Das sind alles kommerzielle Dienste, die nicht aus Luft und Liebe erstellt, erhalten und weiterentwickelt wurden und werden. Auf den großen Social-Media-Plattformen bezahlen Nutzer heute in der Regel mit ihren Daten und ihrer Zeit.

Ich bin froh, dass sich über das Fediverse viele Vorteile sozialer Medien nutzen lassen, ohne die kommerziellen Interessen eines Unternehmens im Hintergrund. Doch als politisch und kulturell interessierter Mensch frage ich mich manchmal eines: Was verpasse ich eigentlich, jetzt da ich zum Beispiel kein Instagram und Twitter mehr verwende. Instagram ist mir hier eigentlich recht egal – denn die dort geteilten Inhalte interessieren mich oft eher weniger. Bei Twitter sieht das schon etwas anders aus. Denn manchmal kann dieses Netzwerk auch einfach eine sehr schnelle Informations- und Nachrichtenquelle sein. So habe ich es zumindest in Erinnerung. Klar, ob sich dort sinnvoll streiten lässt, ist schon ein Streitpunkt für sich. Aber die ein oder andere Schlagzeile mitzubekommen, ein paar Meldungen abgreifen zu können – Twitter ist nicht ohne Grund zu einer großen Plattform geworden.

Ich finde es nachvollziehbar, wenn Leute Twitter aus derartigen Gründen verwenden. Aber dann holen mich schnell wieder die Bedenken ein, wegen der ich dieser Seite einst den Rücken gekehrt habe. Die Bedenken erinnern mich sozusagen daran, warum ich Twitter nicht mehr verwende. Und das ist auch gut so. Natürlich geht es bei den großen kommerziellen Anbietern von Social-Media-Diensten primär um die Werbeeinnahmen. Aber ohne Nutzer ist eine Plattform eben auch für Werbetreibende uninteressant. Wer eine solche kommerzielle Plattform verwendet, unterstützt diese auch, mit der eigenen Anwesenheit.

Das Fediverse übertrifft insbesondere Twitter schon an vielen Stellen, diese Vorteile überwiegen auch deutlich. Aber der altbekannte Netzwerkeffekt, dass eine Plattform immer auch an der schieren Menge ihrer Nutzer gemessen wird, lässt sich nicht ausblenden. Ich bin bereit, das Fediverse weiterhin zu unterstützen. Ich würde Mastodon, Friendica und die anderen Fedi-Dienste auch verwenden, wenn sie nicht einmal annähernd an die Funktionalität der großen sozialen Netzwerke anknüpften. Ganz einfach, weil das Fediverse so viele eigene Akzente setzt, dass es sich nicht immer mit anderen, kommerziellen Diensten vergleichen muss.

Ich komme aber auch nicht umhin, selbst derartige vergleiche anzustellen: Das Fediverse ist ein Netzwerk aus sozialen Netzwerken und deswegen messe ich es auch anhand meiner Verwendungszwecke für andere Dienste. Der entscheidende Unterschied ist aber: Im Fediverse habe ich meist nicht das Gefühl, einen Handel eingehen zu müssen. Ein Tauschgeschäft, zum Beispiel mit meinen Daten, was mir über die Zeit immer weniger fair vorgekommen ist. An diesem Eindruck hat sich bis heute eigentlich nichts geändert.

Vielleicht sollte ich mich also weniger fragen, was ich verpassen könnte. Stattdessen könnte ich mich ja auch einfach darauf konzentrieren, was mir am Fediverse gefällt. Und auf das, was ich ohne Twitter und Co. auch nicht mehr mit ansehen muss. Kommerzielle soziale Medien machen uns ein Angebot – aber das müssen wir nicht annehmen.

Threads und Threats

Der vorliegende Meinungsartikel bezieht sich auf einen „heise online“-Beitrag.

Für das Fediverse wird es jetzt ernst: Wie heise online berichtet, beginnt der Facebook- Meta-Konzern nun damit, seine neue Anwendung „Threads“ auf die Welt loszulassen. Mit dem neuen Kurznachrichtendienst möchte Facebook Meta auch das Fediverse-Protokoll ActivityPub implementieren. In der Europäischen Union soll Threads allerdings nicht verfügbar gemacht werden, zumindest vorerst. Bei heise ist dazu zu lesen, dass der neue Dienst wohl grundlegend nicht mit der Datenschutzgrundverordnung vereinbar sei.

Threads könnte die Nutzerzahlen des offenen Standards ActivityPub zwar deutlich in die Höhe treiben. Wie aber das Fediverse von der nunmehr kommerziellen Konkurrenz beeinflusst wird, bleibt vorsichtig abzuwarten. Ich habe auf diesem Blog bereits dazu geschrieben, dass Großkonzerne wie Facebook Meta durchaus eine Gefahr für die freien sozialen Netzwerke darstellen könnten. Dass Threads jetzt so schnell eingeführt werden soll, überrascht mich ehrlich gesagt ein wenig.

Umso interessanter und deutlicher ist, wie sich die Plattform aus datenschutzrechtlicher Sicht schon vor einem breiten Start darstellt: Wenn Facebook Meta einen EU-Launch zunächst ausschließt, spricht das meiner Meinung nach schon Bände. Ich habe bereits in meinem ersten Text zu diesem Thema das eine grundlegende Problem beschrieben: Die Konzerne, die jetzt mit den etablierten Fediverse-Diensten wetteifern, handeln und entwickeln aus einer völlig anderen Intention heraus. Mastodon soll hier als Beispiel dienen: Dieser Dienst ist quelloffen und wird heute darüber hinaus von einer gemeinnützigen GmbH weiterentwickelt. Facebook Meta hingegen entwickelt die eigene Software nicht aus einem Wohltätigkeitsgedanken. Der Konzern ist ganz klar profitgetrieben, natürlich schlägt sich das auch in den entsprechenden Produkten nieder.

Wer im Vorfeld gehofft hat, dass Konzerne wie Facebook Meta das Fediverse als ganzes vorantreiben, dürfte spätestens jetzt ein wenig desillusioniert sein, oder? Das Fediverse basiert auf gemeinschaftlichen Anstrengungen und steht heute klar für seine ganz eigenen Werte: Dezentralität, Datenschutz und zumindest nach meiner Wahrnehmung auch Toleranz. Threads hingegen kommt mir eher wie der Versuch vor, die Technik des Fediverse zu nutzen, um am Gerüst dieses Netzwerks wackeln zu können. Mir kommt Threads bei all diesen Datenschutzbedenken eher wie eine Bedrohung für das bisher etablierte Fediverse vor. „Bedrohung“ lässt sich mit „Threat“ ins Englische übersetzen. Ist das nicht eine gewisse sprachliche Ironie?

Natürlich bleibt abzuwarten, wie sich die Situation genau entwickelt. Und wie im heise-Artikel bereits beschrieben wurde, ist auch fraglich, wie die EU von Threads abgekapselt werden könnte. Außerdem lege ich große Hoffnungen in die Grundfesten des Fediverse, die vermutlich auch die meisten Nutzerinnen und Nutzer mittragen. Das Fediverse ist gemeinschaftlich entstanden und gemeinschaftlich groß geworden. Ich hoffe, dass es auch unter diesen gemeinschaftlichen Aspekten fortbestehen kann. Dass das Fediverse für viele die soziale Netzwerkplattform geworden ist, die sie sich gewünscht haben, steht für mich außer Frage. Am Fediverse teilzuhaben war bisher maßgeblich ein persönlicher Entschluss. Auch wenn sich die Beweggründe unterscheiden mögen: Ein Großteil der Nutzer entscheidet sich vermutlich bewusst für das Fediverse. Ob das in Zukunft noch so aussehen wird, stellt Facebook Meta derzeit ziemlich in Frage (vgl. Instagram-Anbindung von Threads).

Auf der anderen Seite kann ich auch einen kleinen Funken Positivität an der Situation finden: Offene Protokolle bieten erst den Raum für Dezentralität. Wenn sich also auf der kommerziellen Seite nichts ändern würde, gäbe es vielleicht auch insgesamt weniger dezentrale Strukturen. Die Gefahr, die Bedrohung bleibt: Wenn der Schritt hin zur Dezentralität nur dazu dient, diese als ganzes zu untergraben, schaut das Fediverse in die Röhre. Jetzt abzuwarten wirkt für mich ein wenig frustrierend. Aber scheinbar lässt sich das gerade nicht vermeiden.

Soziale Medien

Ich schreibe sehr gern über freie soziale Netzwerke, die zum dezentralen Fediverse gehören. Heute möchte ich aber etwas allgemeiner werden. Bei all den Fragen und Texten zu Fediverse-Diensten ist es für mich auch interessant, zu beobachten, wie ich soziale Medien eigentlich genau nutze. Bei mir schwankt mein Verhalten in diese Richtung relativ oft. Mal geht meine Nutzungstendenz eher zu einem bestimmten Dienst, mal schreibe ich mehr in die sozialen Netzwerke – und manchmal verzichte ich auch ganz darauf. Mein Verhältnis zu Social Media wechselt sich also häufiger, aber interessant finde ich diese Netzwerke immer. Meiner Ansicht nach spiegelt sich in den Diensten die viele Menschen Tag für Tag nutzen immer auch die Position der vielen zum Internet und dem Web wider.

Eindeutig ist wohl, dass das Fediverse meine erste Wahl ist, wenn es um soziale Medien geht. Das liegt einerseits daran, dass mir das Konzept der Dezentralität gefällt. Andererseits habe ich auch festgestellt, dass ich dort thematisch am ehesten zu hause bin. Auf Twitter haben sich meine Erwartungen von der Plattform seinerzeit nur selten erfüllt. Im Fediverse ist das anders, und zwar sowohl auf Mastodon als auch auf Friendica. Das sind die Fedi-Dienste, die ich wohl am meisten nutze. Momentan veröffentliche ich in den sozialen Netzwerken hauptsächlich das, über was ich sonst im Netz schreibe. Das sind derzeit insbesondere die Artikel auf diesem Blog. Ich freue mich immer wie ein Schneekönig, wenn ich einen Kommentar zu einem Text bekomme, da ist Social Media schon eine feine Sache.

Allerdings muss ich auch sagen, dass soziale Netzwerke noch immer recht schnelllebig sind. Das habe ich schon einmal beobachtet, geändert hat sich in dieser Wahrnehmung also nichts. Ich habe manchmal das Gefühl, dass der stets aktuelle Tröt-Strom auf Mastodon auch eine gewisse Hektik mit sich bringt. Genau so etwas lässt sich zum Beispiel mit einem Blog wie diesem hier vermeiden. Hier kann ich mir selbst Ziele stecken, wann ich veröffentlichen möchte – hier sehe ich eben nicht die schnellen Statusupdates von anderen. Versteht mich nicht falsch: Ich finde das ja interessant. Sonst würde ich die sozialen Netzwerke ja auch nicht nutzen. Allerdings kommt manchmal das Gefühl auf, mithalten zu müssen. Wenn man sich davon nicht lossagen kann, mag dieser Eindruck sich nicht wirklich positiv auswirken.

Abschließend lässt sich also sagen: Mein Verhältnis zu den sozialen Netzwerken wird sich auch in Zukunft wandeln und wechseln. Ich habe aber auch Spaß daran gefunden, etwas mehr mit dem Mastodon-Account von GNU/Linux.ch zu arbeiten. Soziale Netzwerke, also auch das Fediverse, bleiben wohl doch irgendwie vom eigenen Blickwinkel abhängig. Wie seht ihr das?

Die Zukunft des Fediverse: Großkonzerne

In den vergangenen Wochen haben viele der großen Social-Media-Unternehmen angekündigt, in Zukunft am Fediverse teilnehmen zu wollen. Angefangen mit Tumblr gehen diese Bestrebungen heute schon bis zum Facebook-Konzern „Meta“. Wie genau diese Entwicklungen für das Fediverse selbst einzuschätzen sind, bleibt eine diskussionswürdige Frage. Dazu ist gestern ein sehr lesenswerter Artikel auf Netzpolitik.org erschienen, der das strittige Thema sehr verständlich zusammenfasst. Ich kann euch nur empfehlen, diesen Text zu lesen, sonst könnten auch meine hier geäußerten Gedanken etwas zusammenhanglos wirken. Denn das Fediverse zu beurteilen ist wirklich nicht immer einfach. Wer sich schoneinmal mit dem dezentralen sozialen Netzwerk beschäftigt hat, wird sicher vieles festgestellt haben. Zum Beispiel scheinen unfassbar viele Nutzer am Konzept des Fediverse zu hängen, so positiv wie das nur geht. Mir geht es ja ähnlich: Das Fediverse ist für viele wohl das Licht am Ende des Tunnels „Social Media“. Deswegen kann ich es nachvollziehen, wenn Menschen hoffen, dass das Fediverse bestehen bleibt, so wie sie es kennengelernt haben.

Interessanterweise wird dieser Aspekt auch im Netzpolitik.org-Artikel angesprochen. Dabei wird vor allem auf die unterschiedlichen Positionen von Fediverse-Neulingen und den alt Eingesessenen hingewiesen. Ob man diese Generalisierung so einfach treffen kann, kann ich nicht beurteilen. Statistische Daten fehlen hier sicherlich, aber trotzdem lässt sich wohl schon aus einem allgemeinen Eindruck eine Tendenz ablesen. Wie auch immer: Die unterschiedlichen Positionen zur Diskussionsfrage werden mit Sicherheit vertreten, egal von wem und warum. Grundlegend beschreibt Markus Reuter in seinem Artikel, dass sich zwei Lager zu bilden scheinen: Eines, das die Großkonzerne und vor allem Meta ablehnt, und ein zweites, das mit diesen teils sogar zusammenarbeiten könnte. Außerdem wird richtig erwähnt, dass das Fediverse schon viele Jahre besteht. In welcher Form, das mag dabei erst einmal nebensächlich sein: Die unterschiedlichen Positionen sind vorhanden, und sie alle stammen aus einer ähnlichen Motivation. Das Fediverse soll florieren und funktionieren. Doch wo die einen den Beitritt großer sozialer Medien gutheißen, weil dieser ein Wachstum der Plattform bedeuten könnte, gibt es eben auch die berechtigt gegenteiligen Meinungen. Unter dem Einfluss der großen Unternehmen könnte sich das Fediverse auch mehr in die Richtung der kommerziellen Netzwerke entwickeln. Genau vor diesen Strukturen sind viele Fediverse-Nutzerinnen und -nutzer aber geflohen.

Ich selbst sitze wieder einmal zwischen den Stühlen: Ich bin bereits vor den großen Fluchtbewegungen weg von Twitter und Konsorten auf das Fediverse gestoßen. Ich bin aber auch nicht seit dem Beginn des Fediverse dabei. Konkret habe ich mir im April 2021 einen ersten Account auf Mastodon angelegt, nachdem ich zuvor ein wenig mit Diaspora herumgespielt habe. Das war mein Einstieg ins Fediverse, das ich seitdem lieben gelernt habe. Wie so viele andere auch. Damit bin ich wohl kein „alter Hase“ aber eben auch nicht ganz neu mit dabei. Meine Position kann also zwischen den Extremen angesehen werden, die sich aus der eigenen Perspektive zum Fediverse gebildet haben. Denn darum geht es doch insgesamt: Wenn Nutzer schöne Erfahrungen mit dem Fediverse gesammelt haben, ist es doch nur nachvollziehbar, diese auch anderen zu wünschen. Dass das Fediverse damit an Verbreitung gewinnen müsste, wirft eben diese unsäglich kontroverse Frage auf, die nur streitbar sein konnte. Im Prinzip stehen sich hier zwei Extreme gegenüber, die einen sehr ähnlichen Ausgangspunkt haben. Und vielleicht auch ein ähnliches Ziel. Trotzdem möchte ich mir ein Urteil erlauben: Wer das Fediverse aus eigener Motivation entdeckt hat, weiß es vielleicht auf eine ganz eigene Weise zu schätzen. Wer das Fediverse aus einer Unzufriedenheit mit bekannten Plattformen heraus entdeckt hat, der sucht vielleicht eher nach einem Ersatz. Oder eben nach dem, was er in den großen, kommerziellen sozialen Medien nicht gefunden haben mag. Diese Position habe ich auch schon in anderen Texten zum Fediverse vertreten. Aber ich denke, dass sie angesichts der aktuellen Debatte wieder relevant geworden sein könnte.

Wenn wir darüber reden, wie sich der Anschluss der Großkonzerne an das Fediverse auswirken könnte, sollten wir auch einen Blick auf die Motivation dieser Unternehmen werfen. Im Netzpolitik-Artikel wird bereits angesprochen, dass die kommerziell betriebenen Plattformen gegebenenfalls eine „Extend, Embrace, Extinguish“-Strategie (EEE) fahren könnten. Also den Plan, das Fediverse erst zu „umarmen“ um es am Ende aus dem Weg zu räumen. Ich denke, dass es hier erforderlich ist, zwischen den Zeilen zu lesen: Warum sollte ein kommerzielles Unternehmen die eigene, und in aller Regel nicht kommerzielle Konkurrenz befödern. Ganz ohne sich selbst einen Vorteil auszumalen? Meta ist kein Wohlfahrtsverein, das sollte heute doch klar sein. Ich denke, dass wir mit dem heutigen Wissen über die großen Social-Media-Firmen nicht mehr davon ausgehen sollten, dass diese wirklich etwas gutes leisten wollen. Das klingt jetzt wie eine Beleidigung, und so kann der Satz auch gesehen werden. Aber im Grunde bleibt es eine Feststellung: Dieses Verhalten würde nicht zu den kapitalistischen Wirtschaftsstrukturen passen, in denen sich die hier gemeinten Großkonzerne bewegen.

Natürlich bleibt es aber auch abzuwarten, wie sich die Situation wirklich entwickelt. Natürlich kommt es jetzt darauf an, wie sich die einzelnen Instanzen verhalten. Und die Frage, wie Nutzer eigentlich in die Entscheidungsfindung eingebunden werden sollten, bleibt wohl auch zukünftig offen. Fakt ist: Die Fediverse-Protokolle sind offene Standards, und auf dieser Offenheit basiert das gesamte Fediverse. Wo die Reise damit hingeht, liegt also nicht an den vermeintlichen Urvätern des Fediverse, sondern vielmehr an denjenigen, die Instanzen moderieren oder anderweitig Einfluss auf das Fediverse haben. Und ehrlich gesagt ist auch eine Abstimmung mit den Füßen, gut heute vielmehr mit den Accounts, denkbar. Welche Instanz ein Nutzer verwendet, das liegt an ihm. Und spätestens da kommen auch uns „einfachen“ Nutzern gewisse Verantwortungen zu.

Wohin sich das Fediverse entwickelt, bleibt auch für mich eine spannende Frage. Immerhin hänge ich nicht weniger als manch anderer an dem dezentralen sozialen Netzwerk, weil ich gewisse Hoffnungen darauf setze. Ausgeschlossen ist bisher wohl nur, dass die großen Unternehmen überhaupt keine Rolle im Fediverse spielen – selbst wenn sie von allen Seiten blockiert werden sollten. Ja, auch die rechtsextremen Netzwerke Gab und TruthSocial setzen auf dezentrale Architektur, die wir eigentlich aus dem so freundlichen Fediverse kennen. Und ja, auch hier hat sich das Fediverse wie wir es kennen gegen die rechtsextremen Gefahren behaupten können. Nichtsdestotrotz sind Netzwerke in der Größe von Instagram und Facebook noch eine ganz andere Hausnummer, mit der wohl auch anders umgegangen werden wird. Wie genau, das ist eine gute Frage.

Kurzmeldung: Neue Version des Fediverse-Schaubilds

Heute hat der Blogger Mike Kuketz, der manchen vielleicht auch aus dem Fediverse bekannt ist, eine neue Version seines Fediverse-Schaubilds veröffentlicht. Dieses ist in Zusammenarbeit mit Imke Senst entstanden. Interessant ist, dass das Schaubild neben der Vorstellung der verschiedenen Fediverse-Dienste auch die verwendeten Protokolle behandelt. So wird auch Einsteigern ein guter Überblick über das dezentrale Netzwerk verschafft. Ich habe das Schaubild daher auch in meinem Fediverse-FAQ verwendet, seinerzeit noch in einer älteren Version.

Die neue Grafik hat Mike Kuketz unlängst auf Mastodon geteilt. Ich kann Fediverse-Einsteigern und Enthusiasten nur empfehlen einen Blick darauf zu werfen. Die neuen Änderungen schließen insbesondere die dargestellten Dienste ein, besonders interessant ist zum Beispiel, dass auch das moderne „Streams“-Projekt genannt wird.

Hier geht es noch einmal direkt zu besagtem Beitrag auf Mastodon: https://social.tchncs.de/@kuketzblog/110428640620752872

Yet another Fediverse-FAQ

Das Fediverse erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Doch viele Neulinge haben Schwierigkeiten, sich mit den Besonderheiten des Netzwerks zurechtzufinden. Es gibt aber keine „dummen“ Fragen, sondern nur dumme Antworten. Daher möchte ich hier einen kleinen Überblick über die Vielfalt des Fediverse geben. Das folgende FAQ richtet sich vor allem an Ein- und Umsteiger.

Fediverse-Logo: Bunte, verbundene Punkte, die die Föderation darstellen.

Falls jemand schon etwas Erfahrung mit dem Fediverse gesammelt hat, freue ich mich über Anregungen und Kritik. Ergänzungen sind ebenfalls gern gesehen. Schreibt mich dazu einfach im Fediverse an.

Inhalt:

Wer bist du überhaupt?

Mein Name ist Fabian, ich bin Blogger und seit April 2021 im Fediverse aktiv. Ich finde das Netzwerk sehr interessant, weil es eine freie Alternative zu den großen sozialen Netzwerken darstellt.

Hier möchte ich aber auch noch einmal ganz klar sagen: Niemand weiß alles, das gilt auch für mich.

"Get Federated"

Was ist das Fediverse?

Das Fediverse ist ein Verbund aus verschiedenen Internetdiensten zur dezentralen Kommunikation. Die einzelnen Dienste des Fediverse sind mit standardisierten Protokollen wie ActivityPub oder DFRN miteinander verbunden. Das Besondere ist dabei, dass es nicht „das eine“ Fediverse gibt. Stattdessen setzt sich das Netzwerk aus unterschiedlichen Plattformen zusammen, die in der Regel unter freien Softwarelizenzen zur Verfügung stehen. Jeder kann seine eigene „Instanz“ eines Fedi-Dienstes eröffnen, indem die entsprechende Software auf einem Server installiert wird.

Eine Grafik zeigt die verschiedenen Fediverse-Dienste mit den Protokollen, die verwendet werden. Dazu gehören unter anderem Mastodon mit ActivityPub, Friendica mit DFRN oder Diaspora* mit Diaspora. Teilweise unterstützen Dienste mehrere Protokolle.

Hinweis: Mittlerweile ist ein aktuellere Version der obigen Grafik erschienen.

Obwohl sich die verschiedenen Dienste teils stark spezialisiert haben, können sie stets miteinander Kommunizieren, weil die eigentlichen Inhalte über die Fediverse-Protokolle übertragen werden. Dieses Konzept nennt man „Föderation“. Es ist also möglich, dass die Nutzerinnen des Dienstes A mit den Nutzern des Dienstes B föderieren. Diese dezentrale Kommunikation ist aber nicht nur zwischen den Diensten, sondern auch zwischen den einzelnen Servern der jeweiligen Software möglich. So kann zum Beispiel Alice einen Server mit der Serversoftware A aufsetzen und mit Bob kommunizieren, der einen anderen Server mit der Software nutzt.

Hier eine kleine Zusammenfassung:

  • das Fediverse besteht aus verschiedenen Diensten
  • diese Dienste föderieren über allgemeine Internet-Protokolle
  • eine Serversoftware kann auf mehreren Servern laufen, den „Instanzen“
  • Fediverse-Dienste sind in der Regel frei lizenziert

Welche Funktionen übernehmen die einzelnen Dienste?

Die Fediverse-Dienste haben sich oft auf konkrete Anwendungsfälle spezialisiert. So gibt es beispielsweise Dienste zum Microbloggen, die Twitter ähneln. Andere Dienste funktionieren nach dem „Macroblogging“-Prinzip und können daher Facebook ersetzen. Wieder andere haben sich auf das Veröffentlichen von Blogs, Bildern oder auch Videos ausgerichtet. Außerdem bietet das Fediverse Dienste zum Rezensieren von Büchern oder zum Betreiben eines Podcasts. Selbst soziale Nachrichten-Aggregatoren wurden über das Fediverse umgesetzt.

Die Fediverse-Dienste können als ein Baum mit mehreren Ästen dargestellt werden.

Im Folgenden möchte ich eine Auswahl der angesprochenen Dienste vorstellen. Vollständigere Listen bieten zum Beispiel die Webseiten „The Federation“ oder „Fediverse Observer„.

Was ist Mastodon?

Mastodon ist ein Fediverse-Dienst, der mit dem AcitivityPub-Protokoll arbeitet. Die Software ist in erster Linie zum dezentralen Microbloggen gedacht und erfreut sich heute großer Beliebtheit.

Ein Bild zeigt ein kleines Mastodon, ein urzeitliches, elefantenähnliches Tier. Im Hintergrund sieht man einen Bildschirm, der einen Mastodon-Beitrag anzeigt.

Seit 2016 wird der Dienst federführend von Eugen Rochko und der Mastodon gGmbH mit Sitz in Berlin weiterentwickelt.

Mastodon kann als eine freie Alternative zu Twitter gesehen werden. Der Dienst hat insbesondere nachdem Elon Musk Twitter gekauft hat, an Popularität gewonnen. Ähnlich wie bei Twitter sind Mastodon-Nutzer auf ein Zeichenlimit für Beiträge beschränkt. Standardmäßig liegt dieses bei 500 Zeichen, wobei manche Instanzen diese Grenze angepasst haben. Neben dem Verbreiten von Textnachrichten erlaubt Mastodon auch das Teilen von Bildern, GIFs oder Videos. Nutzer können ihre Beiträge mit Hashtags bestimmten Themen zuordnen.

Grundsätzlich kann Mastodon neue Beiträge in drei Timelines darstellen: Jeder Nutzer verfügt über eine eigene Timeline, in der Beiträge von Profilen oder Hashtags angezeigt werden, denen der Nutzer folgt. Desweiteren werden die Beiträge eines Servers in der „lokalen Timeline“ zusammengefasst. Nutzer des Servers „dresden.network“ sehen hier also zum Beispiel nur Beiträge von anderen Nutzern des Servers dresden.network. Um neue Inhalte entdecken zu können, verfügt Mastodon zudem über eine „föderierte Timeline“. Dort werden alle Beiträge aus dem dezentralen Netzwerk angezeigt, die von Servern stammen, die die eigene Instanz kennt.

Das Mastodon-Logo stellt stilisiert einen Mastodon-Kopf dar. Auf violettem Grund ist ein "m" dargestellt.

Alle Timelines werden chronologisch sortiert und verfügen nicht über Content-Algorithmen, wie diese zum Beispiel von Twitter, Instagram oder YouTube bekannt sind.

Mastodon hat auch eine eingebaute Tweetdeck-Ansicht, diese erlaubt weitere Anpassungen. So kann man bis zu fünf Suchbegriffe als extra Spalte „anheften“ und die An- und Übersicht erweitern (nahezu wörtlich übernommene Ergänzung).

Nutzer können sich außerdem Listen anlegen, zu denen dann einzelne Profile hinzugefügt werden können. Den jeweiligen Profilen muss man aber folgen (nahezu wörtlich übernommene Ergänzung). Diese ähneln der Listen-Funktion auf Twitter. Unter dem Reiter „Entdecken“ zeigt Mastodon momentan populäre Hashtags und Beiträge an. Ein Unterabschnitt der Entdecken-Seite heißt „Neuigkeiten“. Hier werden aktuelle journalistische Beiträge angezeigt, die derzeit im dezentralen Netzwerk geteilt und diskutiert werden. Ferner bietet der Entdecken-Abschnitt „Für dich“ eine Liste an Profilen, denen Nutzer folgen können.

Wie bereits erwähnt ist Mastodon auf ActivityPub als Protokoll ausgelegt. Daher ist es möglich, anderen Mastodon-Nutzern sowie jenen von anderen Diensten zu folgen, die ActivityPub unterstützen. Dienste, die ActivityPub nicht implementieren, sind von der Föderation mit Mastodon ausgeschlossen. So können auf Diaspora* zum Beispiel keine Mastodon-Beiträge empfangen werden – und umgekehrt.

Insgesamt gilt Mastodon dank seiner intuitiven Benutzeroberfläche als ein einsteigerfreundlicher Fediverse-Dienst.

Was ist Friendica?

Friendica ist ein freier Macroblogging-Dienst im Fediverse, der mehrere Protokolle unterstützt. Friendica verfügt so über das hauseigene „DFRN“-Protokoll, spricht aber auch ActivityPub und kann mit Diaspora föderieren.

Anders als Mastodon implementiert Friendica kein (relevantes) Zeichenlimit für Beiträge. Friendica-Beiträge können folglich wesentlich länger sein, mit Markdown oder BBCode formatiert werden (nahezu wörtlich übernommene Ergänzung), und dann eher als klassische Blogbeiträge verstanden werden. Ähnlich wie Mastodon verfügt auch Friendica über mehrere Timelines und ein funktionsreiches Benachrichtigungs-System. Friendica ist in seinem Funktionsumfang wesentlich umfangreicher als Mastodon und kann fein eingestellt werden. Aufgrund der Fülle an Einstellungsmöglichkeiten kann Friendica etwas mehr Einarbeitungszeit erfordern, bleibt aber in der Regel übersichtlich.

Das Friendica-Logo zeigt ein gelbes und ein blaues "F". Diese sind ineinander verdreht bzw. gespiegelt.

Einige interessante Aspekte zu Friendica habe ich bereits in einem Textbeitrag auf GNU/Linux.ch dargelegt. Weitere Informationen bieten die Webseite des Projekts sowie der zugehörige Wikipedia-Eintrag.

Was ist Writefreely?

Writefreely ist eine dezentrale Blogging-Software, die mit ActivityPub angetrieben wird. Grundlegend versucht die Software, Blogautoren eine einfache und dezentrale Plattform zu bieten, ablenkungsfrei Texte zu schreiben und zu veröffentlichen.

Während Nutzer von anderen Fediverse-Diensten Writefreely-Blogs folgen können, konzentriert sich die Software selbst auf das eigentliche Schreiben und Veröffentlichen von Texten. Writefreely-Blogs können öffentlich in einem instanzweiten „Reader“ angezeigt, nicht gelistet oder nur privat hochgeladen werden.

Einen genaueren Überblick über Writefreely findet ihr in einem meinem Screencast zum Thema, sowie in einem Text auf GNU/Linux.ch. Eine weitere Fediverse-Bloggingsoftware ist „Plume“. Auch dieser Dienst wurde auf GNU/Linux.ch vorgestellt, derzeit ist die zukünftige Entwicklung der Plattform aber etwas unklarer als bei Writefreely.

Was ist PeerTube?

PeerTube ist ein dezentraler Video-Dienst, der funktional an YouTube erinnert. Nutzer können hier Videos hochladen und Livestreams veranstalten.

Das PeerTube-Logo besteht aus einem schwarzen, einem grauen und einem orangen Dreieck. Diese sind so aneinandergelegt, dass sie ein weißes Dreieck einschließen.

PeerTube föderiert über ActivityPub und verteilt einzelne Videos über Peer-To-Peer-Technologie. Auch PeerTube wurde bereits auf GNU/Linux.ch vorgestellt.

Gibt es noch weitere Dienste?

Ja! Das Fediverse besteht aus dutzenden Diensten, die miteinander in Verbindung stehen. Leider kann ich hier nur eine Auswahl genauer beschreiben. Auch interessant sind zum Beispiel:

  • Lemmy – eine freie Reddit-Alternative
  • Pixelfed – freie Instagram-Alternative
  • Bookwyrm – freie Buchrezensionen
  • Pleroma – ein freier Microblogging-Dienst
  • Misskey – ein freier Microblogging-Dienst
  • Funkwhale – dezentrale Podcasts
  • Hubzilla – Fediverse-Kommunikation mit wirklich allen Funktionen

Eine Vielzahl interessanter Fediverse-Dienste wurde auf GNU/Linux.ch vorgestellt. Die entsprechende Liste der Serien-Einträge findet ihr unter diesem Artikel.

Das Linux-Maskottchen "Tux" mit dem GNU-Maskottchen (halbtransparent) im Hintergrund.

Brauche ich einen Account bei allen Diensten?

Nein. Oder jain. Je nach dem: Eine der größten Stärken des Fediverse ist es, dass die einzelnen Dienste- und Instanzen miteinander föderieren. So kann ein Mastodon-Nutzer wie anderen Mastodon-Nutzern folgen, ohne auf deren Server sein zu müssen. Diese Föderation funktioniert auch Instanz-übergreifend. Was die unterschiedlichen Dienste angeht, kann es trotzdem sinnvoll sein, mehrere Accounts anzulegen, da jeder Dienst spezielle Funktionen bietet. Je nach dem werden Beiträge des Dienstes A in der Darstellung von Dienst B auch anders angezeigt. Hier lautet meine Empfehlung: Probiert euch einfach aus, das Fediverse ist frei und offen. Ich nutze beispielsweise Mastodon und Friendica parallel.

Eine weitere Darstellung der Fediverse-Dienste mit den Protokollen, hier in einem Netz.

Ist das Fediverse barrierefrei?

Sagen wir es mal so: Man ist bemüht. Im Fediverse gehört es zum Beispiel zum guten Ton, Alternativ-Text zu Bildern hinzuzufügen, um Menschen mit eingeschränkter Sicht den Zugang zum dezentralen Netzwerk zu erleichtern. Bisher habe ich das Fediverse als sehr offen wahrgenommen. Ich hoffe, dass die Gemeinschaft auch in Zukunft darum bemüht sein wird, das Fediverse für alle zugänglich zu machen und halten.

Eignet sich das Fediverse für private Chats?

Die Fediverse-Dienste sind in der Regel soziale Netzwerke, also auf öffentliche Kommunikation ausgelegt. Auch wenn es hier Abweichungen geben mag, eignet sich das Fediverse daher nur bedingt für (sehr) private Chats. Das liegt vor allem daran, dass Direktnachrichten im Fediverse (in der Regel) nicht Ende-zu-Ende verschlüsselt werden.

Das Matrix-Logo zeigt ein "m" in eckigen Klammern.

Theoretisch kann also zum Beispiel ein Instanz-Administrator jede Direktnachricht der Nutzer mitlesen. Für dezentrale Chats bietet sich dagegen das Matrix-Protokoll an.

Ist wirklich alles schön im Fediverse?

Das Fediverse funktioniert anders, als die großen sozialen Netzwerke. Hier und da gibt es Besonderheiten, die die Fedi-Dienste von ihren kommerziellen Mitbewerbern unterscheiden. Meiner Erfahrung nach gehört die Gemeinschaft im Fediverse zu den freundlichsten Internet-Communities überhaupt. Doch natürlich ist auch das Fediverse von den Nutzern abhängig, die sich darin aufhalten. In der Regel können Fediverse-Nutzer andere Nutzer stummschalten, blockieren oder melden, falls sie die entsprechenden Inhalte nicht wahrnehmen möchten.

Wie sieht es mit der Moderation aus?

Die einzelnen Fediverse-Dienste bieten teils sehr umfangreiche Werkzeuge für Administratoren und Moderatoren. Ich möchte hier beispielhaft Mastodon erwähnen: Jede Instanz kann die Server-Regeln festschreiben und außerdem einstellen, mit welchen anderen Servern föderiert werden soll. Dadurch ist es bei der Moderation möglich, Nutzern sehr unterschiedliche Inhalte zugänglich zu machen oder zu verbergen. Wenn Nutzer damit nicht einverstanden sind, können sie die Instanz einfach wechseln – das wäre auf zentralen Plattformen wie Twitter nicht möglich.

Beispielsweise werden rechtsextreme Instanzen wie „Gab“ oder Donald Trumps „Truth Social“ konsequent von eigentlich allen Fediverse-Instanzen deföderiert und somit aus dem dezentralen Diskurs ausgeblendet. Sicherlich können rechte Instanzen unter sich weiter föderieren, bleiben aber dem Großteil des Fediverse erspart.

Gibt es Spam im Fediverse?

Ja, leider. Nachdem Elon Musk Twitter übernommen, und Mastodon.social zu einer der größten Instanzen geworden ist, hat sich dort ein kleines Spam-Problem entwickelt. Da die meisten Fediverse-Nutzer derartige Beiträge aber schnell melden, werden die Spam-Accounts in der Regel zeitnah ausfindig gemacht. Trotzdem zeigt das Problem, wie wichtig es ist, dass das Fediverse dezentral bleibt: Erst wenn ein Server zu groß ist, wird er für Spam-Bots „attraktiv“. Zu große Server können auch für die Nutzer der betroffenen Instanz negative Folgen haben. Das zeigt zum Beispiel der folgende Beitrag von Ückück, einer Mastodon-Moderatorin von Dresden.Network:

Datenschutz, Werbung, Privatsphäre?

Aber natürlich! Wie bereits beschrieben sind die einzelnen Fediverse-Dienste in aller Regel frei lizenziert. Somit ist der Quellcode einsehbar und kann auch in Hinblick auf den Datenschutz überprüft werden. Bei Mastodon ist es zum Beispiel möglich, die Datenschutzregeln einzelner Server einzusehen. Insgesamt wird der Datenschutz im Fediverse ziemlich groß geschrieben, zumindest nach meiner Erfahrung. Ist ja auch ein Substantiv.

Das Fediverse-Logo, dargestellt mit leuchtenden Kugeln.

Das Fediverse wurde als datenschutzfreundlicher Raum entworfen und auch bisher so verstanden. Dazu zählt auch, dass man Links nicht zu „problematischen“ Diensten setzt, sondern die über sogenannte Verschleierungsplattformen umleitet. So können „Nitter“ für Twitter-Links oder Individous für Youtube-Links verwendet werden. So möchte man sicherstellen, dass Menschen ohne das nötige Vorwissen nicht für interessante Inhalte von dritten Seiten ihre Anonymität aufgeben müssen. (Dieser ergänzende Absatz wurde unter inhaltlichen und stilistischen Anpassungen aus dem zugehörigen Etherpad übernommen.)

Werbung spielt im Fediverse eigentlich keine Rolle. Die bekannten Dienste spielen keine Werbung aus. Daher verbessert sich natürlich auch die Privatsphäre der Nutzer: Wo es keine Werbung gibt, muss auch keine personalisiert werden. Was den Inhalt angeht, kommt es immer auf die einzelnen Instanzen an, inwiefern Werbung in eigenen Beiträgen erlaubt ist.

Je nach Fediverse-Dienst können die eigenen Inhalte auch nur privat veröffentlicht werden, oder die Möglichkeit zum Folgen eingegrenzt werden. Ich empfehle hierbei einen Blick in die Dokumentation der einzelnen Dienste.

Wo soll ich anfangen?

Wer diese Frage stellt, der hat schon etwas richtig gemacht! Das Fediverse bietet unzählige Möglichkeiten, dezentrale Kommunikationswege zu nutzen. Für den Einstieg bieten sich die verschiedenen Dienste je nach dem an, was man bereits gewohnt ist. Wer zum Beispiel Twitter kennt, sollte sich bei Mastodon schnell aufgehoben fühlen, an Facebook kommt Friendica hingegen näher heran, was die Aufmachung angeht. Wer Instagram bevorzugt, kann sich Pixelfed einmal anschauen. Für einen allgemeinen Einstieg empfehle ich Mastodon oder Friendica, auch wenn das andere Menschen aus dem Fediverse vielleicht anders sehen würden.

Sobald man sich für einen Fediverse-Dienst entschieden hat, kann man sich auf die Suche nach einer passenden Instanz machen. Viele Dienste stellen Referenz-Instanzen zur Verfügung, zum Beispiel betreiben die Mastodon-Entwickler mastodon.social und mastodon.online. Allerdings sollte man im Hinterkopf behalten, dass es vor allem in den letzten Monaten sehr viele zu diesen Referenz-Servern gezogen hat. Die Folgen waren eine allgemeine Verlangsamung der Server und eine teilweise Zentralisierung der Nutzerschaft. Daher empfehle ich für Mastodon das offizielle Serververzeichnis und für andere Dienste die Webseite Fediverse.Observer.

Instanzen können meistens in drei Kategorien unterschieden werden: Zum einen gibt es allgemeine Instanzen. Diese lassen alle Inhalte entsprechend der Serverregeln zu und richten sich an ein allgemeines Publikum. Themenspezifische Instanzen richten sich in der Regel an ein bestimmtes oder bestimmteres Publikum. Zum Beispiel existieren Instanzen für freie Software oder auch Vogelbeobachtung. Je nach dem ist es aber auch möglich, andere Inhalte über diese Instanzen zu veröffentlichen.

Ein gelbes Comic-Mastodon freut sich sehr.

Außerdem gibt es regionale oder lokale Instanzen. Meistens kann auch hier alles mögliche veröffentlicht werden, aber in der lokalen Timeline tauchen teils auch lokale Themen auf. Was genau auf einem Server hochgeladen werden darf, hängt von den jeweiligen Regeln ab.

Ist meine Server-Auswahl bindend?

Das kommt darauf an. Mastodon ermöglicht es beispielsweise, einen Account von einer Mastodon-Instanz zu einer anderen umzuziehen. Dabei werden insbesondere die eigenen Follower übertragen, auch die Liste der gefolgten Profile lässt sich in das neue Konto importieren. Ein derartiger Umzug von Mastodon zu einem anderen Dienst ist aber nicht oder nur bedingt möglich. Immerhin können zum Beispiel alle eigenen Inhalte aus einem Mastodon-Profil heraus exportiert werden.

Politische Fragen hinter dem Fediverse

Eine Grafik zeigt das Fediverse-Logo. Dabei sind die Logos der verschiedenen Fedi-Dienste eingearbeitet.

Da soziale Netzwerke menschliche Kommunikation abbilden, werfen sie natürlich auch politische Fragen auf. Ich möchte dieses FAQ nicht zu einem Meinungsartikel werden lassen und beschränke mich daher auf einige grundsätzliche Aspekte:

Hinter dem Fediverse steht kein zentrales Unternehmen und keine Einzelperson. Auch wenn die Entwicklung von einzelnen Diensten durch Unternehmen vorangetrieben werden kann, hängen diese eigentlich nicht wirklich davon ab. Immerhin kann jeder einen eigenen Server aufsetzen, den Quellcode einsehen und dementsprechend auch in Eigenregie weiterentwickeln. Da das Fediverse dezentral aufgebaut ist, halte ich eine Übernahme wie bei Twitter für de facto ausgeschlossen.

Was die Moderation angeht, habe ich bereits oben angesprochen, dass jede Instanz hier prinzipiell ihr eigenes Süppchen kochen kann. Andere Instanzen können dann entsprechend ihrer Moderationsmittel darauf reagieren. Manche Instanzen werden strenger moderiert als andere, was in Einzelfällen auch Auswirkungen auf die Föderation haben kann. Bevor man also einen Server auswählt, sollte man unbedingt einen Blick auf das Regelwerk werfen.

Hinweise zu diesem FAQ

Dieses FAQ befindet sich unter fortlaufender Bearbeitung und sollte nicht als bindend angesehen werden. Ich habe die entsprechenden Texte nach bestem Wissen verfasst, möchte aber nichts garantieren. Die verwendeten Bilder unterliegen gegebenenfalls einer anderen Lizenz als der von mir verfasste Text.

Um sicherzustellen, dass die hier geteilten Inhalte fachlich richtig sind, habe ich ein Etherpad eingerichtet. Dieses ist nach einer Änderung ein weiteres Jahr „haltbar“ bevor es gelöscht wird. Ich freue mich über Vorschläge im Pad, möchte aber auch darauf hinweisen, dass dieser Text einer CreativeCommons-BY-SA-Lizenz unterliegt. Textabschnitte, die ich wörtlich oder nahezu wörtlich übernommen habe, habe ich mit einem Verweis in Klammern, also zum Beispiel (nahezu wörtlich übernommene Ergänzung), gekennzeichnet. „Nahezu wörtlich“ kann hierbei stilistische Änderungen oder leichte inhaltliche Anpassungen umfassen. Ein Diskussions-Thread zu diesem FAQ befindet sich auf Mastodon.


Bildquellen und -lizenzen

File:Fediverse logo proposal.svg“ by Eukombos is marked with CC0 1.0 .

File:Gráfico sobre los protocolos compatibles en redes sociales libres.svg“ by Tobias Diekershoff (versión vectorizada por Niamfrifruli) is licensed under CC BY-SA 4.0 .

Fediverse branches 1.2“ by Per Axbom is licensed under CC BY-SA 4.0 .

How-the-Fediverse-connects“ by Imke Senst, Mike Kuketz is licensed under CC BY-SA 4.0 .

Enjoying Mastodon“ by blakespot is licensed under CC BY 2.0 .

Get Federated!“ by cogdogblog is marked with CC0 1.0 .

Eugen Rochko & other Mastodon contributors, AGPL, via Wikimedia Commons

friendika, friendica, ImgBotApp, abinoam, Public domain, via Wikimedia Commons

English: PeerTube contributorsFrançais : Les contributeurs PeerTube, Public domain, via Wikimedia Commons

™/®Matrix.org, Public domain, via Wikimedia Commons

Eugen Rotchko, AGPL, via Wikimedia Commons

Tobias Buckdahn (@tobias@my.brick.camp), CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

GNU_and_Tux.svg: Tux.svg: Larry Ewing, Simon Budig, Anja GerwinskiHeckert_GNU_white.svg: Aurelio A. Heckert <aurium@gmail.com>Gnulinux.png: Aurelio A. Heckert <aurium@gmail.com>, lewing@isc.tamu.edu (using The GIMP), Dudufderivative work: Wondigoma, FAL, via Wikimedia Commons

Eukombos, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons