Schlagwort: Fediverse

Gedanken zu Bluesky, Teil 2

Der Hype um Bluesky reißt noch immer nicht ab. Auch ich habe, nach meinem ersten Blogeintrag zu dem sozialen Netzwerk, einen Einladungscode zu dem Dienst erhalten und schaue mich seitdem regelmäßig auf Bluesky um. Es ist beeindruckend, wie viele Accounts es dort mittlerweile gibt, auch von bekannten Persönlichkeiten. Das, was sich Mastodon und das Fediverse scheinbar über lange Zeit aufbauen mussten, hat Bluesky gefühlt mit einer Twitter-ähnlichen Oberfläche und der einladungsbasierten Zugänglichkeit geschafft.

Bluesky Sunrays“ von Andrew Ruiz/ CC0 1.0

Eindrucksvoll ist das insbesondere auch, weil es Bluesky derzeit noch an sehr vielen Funktionen mangelt, die bei einem Microbloggingdienst eigentlich zum Standard gehören. Hashtags? Fehlanzeige. Trends? Gibt es nicht. Auch Direktnachrichten hat man noch nicht implementiert. Bluesky wirkt für mich wie ein sehr gehyptes und doch unfertiges soziales Netzwerk. Das ist technisch bedingt. Natürlich ist davon auszugehen, dass derartige Funktionen noch nachgereicht werden. Doch hier möchte ich auf den aktuellen Stand der Dinge eingehen – und der sieht eben keine Hashtags, Trends oder ähnliches vor.

Daraus ergibt sich eine merkwürdige Situation: Bluesky wirkt wie ein Netzwerk für Menschen, die sich bereits außerhalb dieser Plattform einen Namen gemacht haben. Ohne diesen wird man auf Bluesky zumindest gefühlt kaum oder gar nicht gehört. Denn es ist meiner Einschätzung nach nur sehr begrenzt möglich, eigene Inhalte einer breiteren, unbekannten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Wie gesagt: Einfach mal unter einen Hashtag kommentieren, ist nicht. Die einzige Möglichkeit, außerhalb der eigenen Followerschaft gesehen zu werden bleibt, in einem der bestehenden Feeds aufzutauchen. Diese sind oftmals allerdings algorithmisch gehalten und lassen es nicht notwendigerweise zu, als Neuling einen Platz zu finden.

Ich nehme die Situation auf Bluesky derzeit so wahr: Die meinungsstarken Accounts hat die Plattform bereits für sich gewonnen, aber deren Follower kommen zu großen Teilen nicht in den Dienst hinein. Wird das Bluesky schaden? Vermutlich nicht. Denn langfristig ist klar, dass die Plattform ihre Pforten früher oder später auch für die breite Masse öffnen wird. Da durch die meinungsstarken, politischen Accounts der Dialog auf Bluesky bestehen bleibt, ist auch davon auszugehen, dass dieser Dienst seine Attraktivität auch bis zu einer Öffnung nicht verlieren wird. Denn genau davon lebt ein soziales Netzwerk – aktiven Nutzern.

Bluesky ist zwar spannend und gerade durch die dort vertretenen Inhalte und Menschen interessant. Komfortabel nutzbar finde ich den Dienst indes nicht wirklich. Denn viele der bekannten Microblogging-Funktionen fehlen für mich schmerzlich. Auch die tendenziell mehr auf algorithmische Sortierung ausgelegten Feeds sind für mich nicht das eine große Argument. Ich bin zwar interessiert daran, Bluesky auch weiterhin im Auge zu behalten. Aber auf Mastodon und im Fediverse allgemein halte ich mich lieber auf. Nicht nur, dass Mastodon einen deutlichen technischen Fortschritt zeigt. Nein, durch die chronologische Timeline und meine bestehende Vernetzung im Fediverse ist dieses tatsächlich dezentrale Netzwerk für mich ansprechender.

Die Mastodon-Roadmap

Mastodon ist momentan wohl die Social-Media-Plattform, die ich am meisten und ehrlicherweise auch liebsten nutze. Mir macht es in letzter Zeit sehr viel Spaß, Inhalte auf Mastodon zu lesen, zu diskutieren – und natürlich auch (mit-) zu teilen. Daher verfolge ich auch die Entwicklung des wohl bekanntesten Fediverse-Diensts sehr interessiert. Heute möchte ich deswegen auf eine besonders interessante Seite auf der Mastodon-Homepage hinweisen: Die öffentliche Roadmap. Darin beschreiben die Entwickler, an welchen Aspekten des Webdiensts, dessen API oder den offiziellen Apps für Android und iOS sie gerade arbeiten.

Ich selbst habe die Roadmap erst vor kurzem entdeckt, weil sie mir im Fediverse – auf Mastodon, wie könnte es anders sein – offenbart wurde. In einem Post habe ich nämlich festgestellt, wie sehr ich mich freuen würde, wenn Mastodon in Zukunft das Zitieren von Posts unterstützen würde. Und genau unter diesem Tröt wurde ich auf die Roadmap hingewiesen: Tatsächlich steht die Unterstützung für solche Zitate schon längst auf der Liste der geplanten Funktionen.

Es ist wirklich interessant zu wissen, was die Mastodon-Entwickler für die Zukunft planen. Das sorgt bei mir sehr für Vorfreude und verdeutlich auch, dass Mastodon eine lebendige und auch in Zukunft spannende Plattform sein dürfte. Ich jedenfalls finde es toll zu wissen, in welche Richtung es mit dem Dienst gehen soll. Das schafft auch eine gewisse Transparenz, die gerade in der momentan aufgeregten Social-Media-Landschaft rund um X/Twitter, wichtig ist. Mastodon ist eine Plattform, die mir schon als solche sympathisch ist. Angefangen eben auch auf dieser technischen Ebene. Ich bewege mich einfach gern dort, das merkt man mir vermutlich an.

Neben dem bereits angesprochenen Zitieren findet sich auf der Liste auch die Unterstützung für Gruppen. Diese ist sogar schon als in Arbeit markiert. Auch für die mobilen Anwendungen für die beiden verbreiteten Smartphone-Betriebssysteme stehen bereits interessante Entwicklungen auf der Liste. Vermutlich ist es an dieser Stelle bereits deutlich geworden: Wenn ihr an Mastodon interessiert seid, kann ich euch einen Blick auf die verlinkte Roadmap nur ans Herz legen.


Beitragsbild: Screenshot der verlinkten Roadmap (Copyright © 2023 Mastodon gGmbH)

Gedanken zu Bluesky

Der Twitter-Exodus geht weiter: Nachdem er im letzten Jahr insbesondere Mastodon viel Aufmerksamkeit eingebracht hat, ist Bluesky nun in aller Munde. Das ist ein soziales Netzwerk, welches ursprünglich von Twitter-Mitbegründer Jack Dorsey ins Leben gerufen wurde, mittlerweile aber eigenständig geworden ist. Auch Bluesky plant – wie das Fediverse – zumindest zukünftig einen dezentralen Ansatz zu verfolgen. Anders als Mastodon, Peertube oder writefreely zum Beispiel setzen die Bluesky-Entwickler allerdings nicht auf den Protokollstandard ActivityPub sondern formen ihr eigenes „AT-Protokoll“. Die Dezentralität ist momentan allerdings nur ein Plan und noch nicht in die Realität umgesetzt worden. Auch an anderer Stelle ist Bluesky noch nicht besonders ausgereift. So fehlen laut meinem Wissensstand bisher etwa die Unterstützung für Hashtags oder auch Direktnachrichten.

Bluesky befindet sich in einer öffentlichen Betaphase und ist wohl noch nicht für die breite Annahme in der Öffentlichkeit gedacht – vielleicht weil derartig essentielle Funktionen fehlen. Trotzdem ist der Dienst bereits jetzt in aller Munde. Wer Bluesky ausprobieren möchte, kommt derzeit nicht unbedingt „rein“, denn dafür muss man sich entweder auf eine Warteliste setzen lassen oder einen Einladungscode vorweisen. Auch ich selbst habe bisher noch keinen Zugang zu dem Netzwerk, dazu später mehr. Mich interessiert es aber allein schon deswegen, weil es momentan in aller Munde ist. Da stellt sich für mich ganz unweigerlich die Frage: Warum eigentlich?

Ein soziales Netzwerk in seiner frühen Anfangsphase, und dennoch sprechen alle darüber: Das ist wohl eine Situation, die nur Elon Musk hat bewirken können. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Bluesky unter normalen Bedingungen ebenso bekannt geworden wäre. Noch ist der Dienst übrigens auch noch nicht der Twitter-Nachfolger, zu dem ihn manche bereits erklären. Ursprünglich ist er sogar nur als ein Nebenprojekt des Netzwerks gestartet, dass heute X heißt.

Bluesky betrachte ich momentan nur von außen, und natürlich aus der Sicht des Fediverse. Auf Mastodon zum Beispiel hat eine ganz besondere Entwicklung eingesetzt: Immer mehr Menschen findet man auch auf Bluesky, oder aber sie fragen nach einem Zugangscode. Woran mag das wohl liegen? Mehrmals habe ich jetzt bereits mitbekommen, dass manchen ihre Aufnahme im Fediverse nicht gefallen hat. Zu viele Erklärung, nach denen eigentlich nicht gefragt wurde, so klingt für mich der Tenor. Zu kompliziert, gerade für ehemalige Twitter-Nutzer, nehmen manche Mastodon wahr.

Mir selbst ging das eigentlich immer anders. Ich habe mich in der Vergangenheit gern mit den sozialen und technischen Zusammenhängen hinter dem Fediverse beschäftigt. Mich fasziniert dieses einzigartige föderierte und gleichzeitig nicht-kommerzielle soziale Netzwerk auch heute noch. Ich habe auf diesem Blog auch schon ein FAQ geschrieben, um Einsteigern eine weitere Ressource bieten zu können, die den Einstieg in Mastodon und Konsorten vielleicht vereinfachen könnte. Für mich wirkte das Fediverse wohl schon deswegen nicht kompliziert, weil ich in dessen Struktur schon seit Monaten großes Potential sehe.

Dennoch ist meine Neugier für Bluesky geweckt. Zunächst schlussfolgere ich aus den vielen Anfragen nach Bluesky-Invitations auf Mastodon, dass dieser Dienst etwas falsch gemacht haben muss, wenn es um die Aufnahme von ehemaligen Twitter-Nutzern geht. Oder aber zumindest zu anders gewesen sein muss, als dass diese sich sofort hätten wohl gefühlt. Auch heute scheint da etwas im argen zu liegen, was Mastodon für manche unattraktiv macht. Vielleicht liegt das auch daran, dass Mastodon sich immer wieder erklären musste – selbst wenn das eigentlich einfach möglich war.

Wer das Fediverse kennt, kennt auch Mastodon. Wer aber Mastodon kennt, kennt noch nicht zwangsläufig das Fediverse. Immer wieder wurde in den vergangenen Monaten über Mastodon berichtet, insbesondere in sehr großen Leitmedien. Immer wieder wurde das Thema der Dezentralität angesprochen, aber nur mehr oder weniger gut aufgearbeitet. Aber das Fediverse als größeres Ganzes blieb oftmals eben doch unerwähnt. Das Potential, dass Mastodon für mich entfaltet, kommt besonders durch seine Anbindung an ebenjenes Fediverse. Vielen ist diese aber vielleicht einfach noch nicht bewusst geworden.

Woran auch immer es gelegen haben mag: Mastodon hat zumindest für mich nicht seinen Charme, aber ganz deutlich seinen Hype verloren. Diesen hat man wohl an Bluesky abgetreten, selbst auf der eigenen Plattform. Sicherlich wird über dieses Thema noch viel geschrieben werden, vor allem aus dem Fediverse heraus. Ich stelle mir hier auch noch ganz viele Fragen, vielleicht kann ich diese in Zukunft für mich selbst beantworten. Fast kommt derzeit das Gefühl auf, dass der Aufschwung, den ich einst vermutet habe, doch kleiner als angenommen gewesen sein könnte. Klar ist: Wenn neue Nutzer sich nicht auf einer Plattform wohl fühlen, sind sie auch nicht für diese gewonnen worden.

Ich weiß momentan aber auch noch nicht, was ich von Bluesky halten soll. Für mich wirkt die Plattform wie ein großes Versprechen, dass einige sicherlich als eine Chance begreifen. Wenn manchen Mastodon nicht gefällt, setzen sie wohl Hoffnungen in Bluesky. Denn gerade jetzt, das Elon Musk sogar Wahlaufrufe für die rechtsextreme AfD teilt, wird deutlich: Die Bewegung weg von Twitter ist noch lange nicht vorbei.

Twitter hatte für mich ein großes Potential, nämlich die Möglichkeit netzbasierte Diskussionen in einem großen Stil Realität werden zu lassen. Jetzt, da Elon Musk Herrscher über X ist, fällt seine Plattform für viele als Diskussionsportal einfach weg. Mir geht es da ja nicht anders. Man muss auch zugeben: Dem Fediverse ist es bisher nicht gelungen, die Funktion die Twitter früher hatte zu erfüllen. Womöglich ist das gar nicht der Anspruch, den Mastodon und Konsorten verfolgen sollten oder wollen. Denn Twitter ist nicht erst seit Elon Musk eine schwierige, anstrengende und nervenaufreibende Plattform gewesen. Aber das Potential, dass ich in Twitter gesehen habe, kannten andere wohl auch.

Ich kann die Suchbewegung zu anderen Netzwerken deswegen sehr gut nachvollziehen. Auch wenn ich nicht erst seit Musk im Fediverse unterwegs bin, seit ihm habe ich mich von Twitter verabschiedet. Mir war schon seit der Verkündigung der Übernahme klar, dass Twitter nicht mehr die selbe Plattform sein wird – und von dieser Annahme bin ich noch immer überzeugt. Aber interessant ist vor allem, dass es keinem anderen Netzwerk gelungen ist, Twitter obsolet zu machen in seiner historischen Rolle.

Das Fediverse wurde bisher nicht von ausreichend Menschen aktiv angenommen. Instagram ist zu Bild-basiert und Facebook gilt gerade unter jüngeren als ein Netzwerk für ältere. Tumblr ist in Vergessenheit geraten. Reddit ist ganz anders strukturiert als Twitter es war – und hat überdies auch eigene Probleme. Meiner Meinung nach wäre gerade Mastodon ein guter Ersatz für Twitter gewesen. Diese Rolle würde ich der Software auch heute noch zutrauen, aber mit dieser Position fühle ich mich schon fast wie in einer Minderheit.

Fakt ist: Wenn ein soziales Netzwerk populär werden möchte, braucht es immer ausreichend Teilnehmer. Um diesen Netzwerkeffekt und das Problem, dass Nutzer wegen ihrem Freundeskreis womöglich auf einer unliebsamen Plattform verweilen, kommt wohl kein Wettbewerber herum. Was auch immer die Intention Elon Musks beim Twitter-Kauf gewesen sein mag: Die Folgen davon waren und sich dramatisch.

Das Fediverse ist für mich eine der besten Antworten auf die Frage der sozialen Netzwerke: Eine dezentrale Ausrichtung und Unabhängigkeit von Kapitalgebern oder Aktionären – das sind für mich die Stärken, das Potential und die Chancen, die das Fediverse bietet. Ob es diese bisher ausspielen konnte – oder jemals in einem großen Umfang wird, steht auf einem anderen Blatt. Wie stehe ich nun aber konkret zu Bluesky?

Auch Bluesky ist mir um einiges lieber als Twitter oder Instagram. Die Software wird zumindest offen fortentwickelt und das Versprechen der Dezentralität lässt mich hoffen, dass es wirklich umgesetzt wird. Noch ist Bluesky für mich aber Schall und Rauch. Ich möchte meine Hoffnungen nicht so stark wie andere in die Plattform stecken, weil ich sie noch nicht kenne. Ich möchte sie nicht ablehnen, weil ich damit noch keine Erfahrungen habe. Und ganz nebenbei gibt es bei den Möglichkeiten, die Bluesky vermeintlich mit sich bringt auch einen ganz persönlichen Wermutstropfen: Ich trauere um das Fediverse, dass dadurch an Beachtung verliert.

Angenommen ich bekäme einen Bluesky-Einladungscode. Was würde ich wohl damit machen? Ihn aus pseudo-ideologischen Gründen nicht zu nutzen, grenzt für mich ehrlich gesagt an Sturheit. Natürlich finde ich das Fediverse sympathischer als ein Netzwerk, dass wiedereinmal mit Venture-Kapital finanziert wird. Aber ich kann doch nicht darüber urteilen, ohne mir je ein genaues Bild davon gemacht zu haben. Anders als bei Threads zum Beispiel, ist für mich auch wesentlich unklarer, in welche Richtung sich das Netzwerk entwickeln könnte.

Threads ist ein Projekt des Meta-Konzerns und den kenne ich meiner Meinung nach gut genug, um ihn unsympathisch zu finden. Wie Datenschutz, Werbung und Moderation aber auf Bluesky umgesetzt werden, das steht noch in den Sternen des blauen Nachthimmels. Ich möchte Bluesky nicht von vornherein ablehnen, weil das zumindest gefühlt ein wenig unfair wäre. Natürlich mache ich mir Gedanken, weil auch Bluesky seinen Aktionären verhaftet sein könnte. Aber wohin die Reise wirklich geht, das ist für mich noch nicht klar. Bei Meta ist diese Endstation abzusehen, bei X wird sie Tag für Tag deutlicher erkennbar.

Ich würde mir Bluesky gerne einmal ansehen. Ich würde mich auch darüber freuen, wenn mir ein Einladungscode zugespielt würde. Ob das nun geschieht oder nicht, das ist eine andere Sache. Ich werde diesen Text auch im Fediverse teilen und danach fragen. Meine Motivation ist eigentlich ganz einfach: Derzeit ist mir Bluesky noch ziemlich suspekt. Ich finde es schade, dass Mastodon hier scheinbar das Wasser abgegraben wird, ich finde es schade, dass ActivityPub eine Implementation weniger vorweisen kann. Aber dass Bluesky zumindest quelloffen ist und Dezentralität angestrebt wird, sehe ich doch als einen deutlichen Fortschritt im Vergleich zu Facebook, Instagram oder Twitter.

Mir war es übrigens auch wichtig, diesen Text zu verfassen, bevor ich mich nach einem Code erkundige. Das Fediverse liegt mir am Herzen – und das möchte ich hier auch ganz deutlich ausdrücken. Bevor so viele Nutzer von Twitter zu Mastodon gewechselt sind, gab es im dezentralen sozialen Netzwerk bereits eine ausgeprägt Nutzerkultur. Und diese wird sicherlich auch in Zukunft weiterbestehen. Selbst wenn die große öffentliche Aufmerksamkeit zu Bluesky wandert, verbleibt mit Sicherheit eine engagierte Community um das und in dem Fediverse. Ich freue mich immer wieder, ein Teil dieser Gemeinschaft sein zu dürfen und zu können. Mastodon, Friendica und den anderen Fediverse-Dienste nun also zugunsten Blueskys vollständig den Rücken zu kehren, halte ich für grundfalsch. Ich hoffe, dass diesen Diensten auch in Zukunft noch Öffentlichkeit zuteil wird – momentan scheint diese aber abgenommen zu haben. Als Twitter noch Twitter war und hieß, habe ich diesen Dienst allerdings auch benutzt. Vielleicht können Bluesky, Mastodon und das Fediverse als ganzes auch nebeneinander existieren? Vielleicht sogar miteinander.

Friendica als Blogsystem?

Die Fediverse-Plattform Friendica ist wirklich sehr vielseitig. Neben dem klassischen Macroblogging, also dem Teilen von Texten, Bildern oder anderen Medien bietet die Plattformen umfangreiche Zusatzfunktionen, die sie sehr interessant machen. Gerade im Vergleich zu Projekten wie Mastodon oder ähnlichen ist Friendica sehr umfangreich und kann dadurch auch ganz vielfältig genutzt werden. Nachdem ich gestern wieder einmal über WordPress geschrieben habe, das Blogsystem mit dem die Kaffeediffusion derzeit betrieben wird, hat mich Gerhard gefragt, warum ich meinen Blog nicht auf Friendica schreibe.

Bevor ich zum eigentlichen Thema komme, möchte ich noch ein wenig zu meinem bisherigen Verhältnis zu Friendica schreiben: Ich finde die Software selbst sehr interessant und habe deshalb auch einen Account auf einer Friendica-Instanz. Genauer gesagt ist diese der tolle Server anonsys.net, den ich euch im Grunde nur weiterempfehlen kann. Ich habe Friendica eigentlich immer als soziales Netzwerk genutzt, auch wenn ich schon manchmal überlegt habe, ob sich die Software nicht auch zum Schreiben längerer Texte nutzen ließe. Da mein Blog aber auf WordPress läuft, ist Friendica in dieser Hinsicht nicht wirklich zum Zuge gekommen.

Wie gesagt: Ich habe schon einmal darüber nachgedacht, ob ich bei Friendica bloggen sollte. Neben dem Macroblogging unterstützt die Software nämlich auch einen funktionalen Rich-Text-Editor, der sich sogar als eigene Seite öffnen lässt. Auch eine Zeichenbegrenzung spielt bei Friendica eigentlich keine Rolle. Und durch ein Tag- oder Hashtag-System können Beiträge auch Blog-konform kategorisiert werden. Ja, selbst ein Abo über einen Feed ließe sich realisieren. Das alles, in Kombination mit den weiteren Friendica-Funktionen klingt eigentlich schon recht gut. Ich mag Friendica.

Trotzdem plane ich nicht, die Kaffeediffusion mittelfristig zu Friendica umzuziehen. Für mich liegt das vor allem in zwei Faktoren begründet: Zuerst einmal bin ich mit WordPress insgesamt doch recht zufrieden. Ich habe mich einmal in das System eingearbeitet und kenne mich jetzt halbwegs gut damit aus. Auch die zukünftige Entwicklungsstrategie, die die WP-Entwickler verfolgen, finde ich interessant.

Zweitens sehe ich Friendica primär als ein soziales Netzwerk. Dieses kommt für mich also eher in Frage, wenn ich Inhalte von einem Blog mit anderen teilen möchte – eher weniger als eigentliches Blogsystem. Während sich Leser meines Blogs mit WordPress als Basis ganz konkret dazu entscheiden ihn anzusurfen oder per RSS zu abonnieren, wäre die Kaffeediffusion auf Friendica wohl nur ein weiteres Profil, dem man folgen könnte. Mir würde damit ein gewisses Maß an Eigenständigkeit genommen, sowohl was die Struktur des Blogs als auch dessen Erscheinungsbild anbelangt. Hinzu kommt noch, dass bei Friendica viele Funktionen nur für angemeldete Nutzer bereitstehen. Kommentieren ohne einen Account im Fediverse wäre dann nur sehr schwer möglich.

WordPress gefällt mir eigentlich ganz gut – und Friendica bleibt für mich in erster Linie ein soziales Netzwerk. Ich möchte hier keine der beiden Plattformen schlecht reden oder schreiben. Stattdessen geht es mir nur um eines: Zumindest gefühlt sind Friendica und WordPress auf unterschiedliche Aufgaben zugeschnitten – und für die eine oder andere eben besser geeignet. Auch wenn ich die Kaffeediffusion in Zukunft wohl weiterhin mit WordPress betreiben werde, überlege ich aber gerade, ob ich die Artikel von diesem Blog nicht doch über einen eigenen Friendica-Account spiegeln sollte. Das ist technisch sehr einfach möglich. Und es würde Friendica-Freunden die Möglichkeit geben, die Kaffeediffusion direkt aus dem Fediverse heraus zu lesen und zu kommentieren. Vielleicht wäre das ein guter Kompromiss?

Studie: Viele Umweltbewegte kehren Twitter den Rücken

Es ist wieder Zeit für einen Artikel im inoffiziellen Twitter-Watchblog! Spaß beiseite, manchmal kann ich einfach nicht widerstehen und muss mich mit dem Dienst, der mittlerweile „X“ heißt, beschäftigen. Auf der Kaffeediffusion gehört dieses Thema schon irgendwie dazu. Denn seitdem Elon Musk den Mikroblogging-Service im Oktober 2022 übernommen hat, habe ich regelmäßig dazu geschrieben. Heute ist mir wieder eine interessante Schlagzeile aufgefallen, die damit im Zusammenhang steht: Spektrum.de berichtet, dass seit der Musk-Übernahme etwa die Hälfte der Klima- und Umweltaktivisten Twitter den Rücken gekehrt habe.

In dem Artikel, der schon am 16. August 2023 veröffentlicht wurde, bezieht sich die Journalistin Karin Schlott dabei auf einer Forschergruppe des Pomena College um Charlotte Chang. Die Studie als solches ist ziemlich interessant und basiert auf einer Datengrundlage aus 2019 bis 2023. Ich empfehle euch, die genauen Daten auf Spektrum.de nachzulesen. Hier möchte ich mich stattdessen eher auf die prägnanteste Zahl beziehen: Die forschenden Wissenschaftler kommen in ihrer Untersuchung zu dem Schluss, dass seit der Übernahme 47,5 Prozent der Mikroblogger mit einem Fokus auf Umwelt, Natur und Klima inaktiv geworden wären.

Als ich diese Ergebnisse zuerst gelesen habe musste ich unweigerlich an diesen einen Verdacht denken. Den, dass die Musk-Übernahme eben doch auch inhaltliche Auswirkungen haben könnte. Seine eigene politische Meinung stellt Musk selbst ja hin und wieder ganz offen öffentlich dar – und so wie ich sie wahrnehme, tendiert der Millionär zu einer neoliberal-rechten Weltsicht. Ich habe das Gefühl, dass es vor allem eher progressive Nutzerkreise von Twitter aus in die Flucht geschlagen hat, als der Dienst verkauft wurde. Zumindest konnte ich zum Beispiel im Fediverse manche mehr oder minder bekannte Gesichter Accounts aus meiner ehemaligen, tendenziell eher linken Twitter-Timeline wiederentdecken.

Das alles waren aber bisher meist nur Vermutungen, genaue Daten konnte ich bisher nicht wirklich als Argument anführen. Denn aufgrund meiner persönlichen Einschätzungen kann ich schlicht keine statistische Richtigkeit annehmen. Jetzt, da die Ergebnisse der angesprochenen Studie vorliegen, wirkt das aber schon ein wenig anders. Denn Klima- und Umweltthemen sind meiner Einschätzung nach ein historisch eher links besetztes Themenfeld. Ich wage daher auch zu vermuten, dass sich die politische Diskussionskultur auf Twitter durchaus nach rechts verschieben könnte.

In dem Spektrum-Artikel, auf den ich mich hier beziehe, wird in einem Nebensatz aber auch ein ganz anderer Aspekt angesprochen. Ich möchte hierbei direkt zitieren: „Zurzeit gebe es für diese Themen kein vergleichbares soziales Medium wie Twitter, das seit Juli 2023 X heißt.“ Ist das nicht mal eine diskussionswürdige These? Als Fediverse-Nutzer fällt es mir schwer, dieser Aussage zuzustimmen. Mit Mastodon existiert faktisch ein frei verfügbarer Dienst, der über eigentliche alle wichtigen (Grund-)Funktionen verfügt, die Twitter auch hat. Aber eine Sache muss ich natürlich zugeben: Ein soziales Netzwerk kann zwar durch gewisse Funktionalitäten Rahmenbedingungen für Diskussionen schaffen – aber wenn die nötige Nutzerbasis fehlt, können natürlich auch keine Diskussionen stattfinden.

Twitter scheint sich aus meiner Perspektive in eine sehr merkwürdige und an unterschiedlichen Stellen irgendwie negative Richtung zu entwickeln. Aber hier liegt die Betonung eben auch auf „meiner Perspektive“. Denn wie genau Twitter sich demografisch entwickelt, lässt sich nicht aus einer persönlichen Wahrnehmung heraus ablesen – sondern anhand harter Fakten und Daten. Mein eigenes Urteil fällt daher immer so aus, wie es mein eigenes statistisches Sichtfeld zulässt – und das ist nun einmal begrenzt. Nichtsdestoweniger würde ich mich natürlich freuen, eure Meinung zu diesem Thema in den Kommentaren zu lesen.

Muss das Fediverse konkurrenzfähig sein?

In den letzten Monaten konnte das Fediverse einen massiven Aufschwung verzeichenen, weil Nutzerinnen und Nutzer großer sozialer Netzwerke ihre ehemaligen Plattformen verlassen haben. Bestes Beispiel ist und bleibt hier Twitter, zeitweise gab es auch auf Reddit zumindest einige, die über Lemmy als föderierte Alternative nachgedacht haben. Infolge dieser Nutzerbewegungen bekam das Fediverse auch viel Aufmerksamkeit in den etablierten Medien. Das, was zuvor vor allem unter Nerds bekannt und beliebt war, rückte damit ein Stück weiter in die Öffentlichkeit.

Welche Rolle viel beachtete Medien im Zeitgeschehen spielen, darüber lässt sich streiten. Die Aufmerksamkeit für das Fediverse wurde durch die mediale Aufmerksamkeit natürlich nicht kleiner. Aber im Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit ergeben sich auch Fragen, über die man vielleicht in der eigenen Geek-Blase zuvor nicht nachgedacht hätte. Immerhin fand oftmals ein direkter Vergleich des Fediverse mit den etablierten sozialen Netzwerken statt; verstecken konnte sich das Fediverse davor einfach nicht. Mastodon ist wohl mit Abstand zum bekanntesten Dienst im Fediverse geworden, oder an dieser Position geblieben. Aber bestimmte Fragen gehen auch über die Grenzen eines einzelnen Dienstes hinaus und betreffen das gesamte föderierte Netzwerk.

Einer dieser Diskussionspunkte ist der um die Konkurrenzfähigkeit des Fediverse: Im Gegensatz zu den etablierten Social-Media-Webseiten und -Plattformen wird das Fediverse nicht von großen Unternehmen getragen. Hinter dem Fediverse steckt kein großer Berg an Investorengeld, dass diese früher oder später wieder oder vermehrt auf ihrem Konto wissen wollen. Das Fediverse ist de-facto nicht monetarisiert: Kein Nutzertracking, keine personalisierte Werbung, oftmals nicht einmal Nutzungsentgelte für die einzelnen Instanzen. So ist der Status-quo im Fediverse.

Gegenüber den kommerziellen Social-Media-Diensten ist das wirklich eine Besonderheit. Jetzt, da manche das Fediverse mit diesen Diensten konkurrieren sehen, stellt sich doch die Frage, welches Modell langfristig erfolgreicher sein kann. Und genau das ist wieder einmal der richtige Zeitpunkt, um einen Disclaimer dazulassen: Ich bin kein Statistik-Experte, kein Social-Media-Forscher und kein Netzwerkanalyst. Allerdings hält mich das nicht davon ab, mir meine eigenen Meinungen zu solchen Themen zu bilden – weil das Fediverse meiner Ansicht nach viel Potential bietet.

Natürlich bleiben offene Fragen, wie sich das Fediverse in Zukunft bewähren sollte. Das möchte ich gar nicht abstreiten. Aber bevor wir uns darüber Gedanken machen, lohnt sich wohl doch ein Blick in die Vergangenheit des dezentralen sozialen Netzwerks. Und vor allem auf die Gründe, die Plattformen wie Mastodon, Friendica und Konsorten zu ihrem bisherigen Erfolg verholfen haben. Für mich stellt sich deswegen eher die Frage: Baut der Erfolg des Fediverse‘ nicht eigentlich darauf, dass es nicht den negativen Folgen kommerzieller Interessen ausgesetzt ist? Mastodon zum Beispiel wirbt ganz prominent damit, dass es nicht von heute auf morgen aufgekauft werden kann – wie das bei Twitter der Fall war.

Social-Media-Unternehmen wollen aufgrund der Investitionsstrukturen hinter ihnen profitabel wirtschaften. Und Umsatz und Profit generieren sie eben hauptsächlich über ihr Angebot als Werbeplattform. Frei nach dem Motto: Hier könnte ihre Werbung stehen – und sogar gesehen werden. Damit sich das aber lohnt, sich kommerzielle soziale Netzwerke auch daran interessiert, ihre Nutzer möglichst lange auf ihren Seiten zu halten. Doom-Scrolling, Glücksgefühle durch Likes und Follower, ständige Vergleiche mit anderen und vielleicht auch ein gewisser sozialer Darstellungsdruck – kann sich das nicht negativ auf die eigene Psyche auswirken? Ist es das wirklich wert?

Historisch betrachtet hatten auch die großen sozialen Netzwerke oft Probleme damit, überhaupt profitabel zu sein. Das Fediverse hat deswegen einen massiven Vorteil: Wo ein Dienst nicht profitabel sein muss, und sich zum Beispiel durch Spendengelder trotzdem weiterfinanzieren und in sich tragen kann – wo muss er dann mit den großen Playern wetteifern? Ich bin froh, dass sich das Fediverse nicht irgendwelchen Investoren verantworten muss. Ja, das ist einer der Hauptgründe, weswegen ich so große Hoffnungen in das Fediverse als Plattform setze.

Facebook hat Millarden Nutzer, Twitter hatte einst hunderte Millionen, vielleicht ist das immer noch so. Im Vergleich dazu wirkt das Fediverse klein und beschaulich. Aber selbst die Zahl von 1,9 Millionen monatlich aktiven Nutzern, von denen die Mastodon-Entwickler gerade für ihren Dienst ausgehen, reicht aus: Langweilig wird es im Fediverse nicht, zumindest zeigen das meine Erfahrungen. Als ich neu im Fediverse war, musste ich auch erst einmal Leute finden, denen ich folgen konnte. Und Personen aus dem realen Leben im Fediverse wiederzutreffen, ist immer noch eine absolute Ausnahme. Wenn, dann ist es sogar meistens so, dass mein Umfeld erst durch mich auf das Fediverse aufmerksam wird.

Trotzdem finde ich, dass wir hier nicht verzagen sollten: Ich folge auf Mastodon derzeit in etwa 500 Profilen – und meine persönliche Timeline ist bunt, recht stark frequentiert und interessant. Das Fediverse muss nicht krampfhaft mit anderen Diensten konkurrieren, weil es schon in sich ein unglaubliches Potential bietet. Nicht zuletzt auch die Chance, Social Media endlich selbst in die Hand nehmen zu können. Darauf können wir im Fediverse meiner Meinung nach stolz sein – und vor großen, kommerziellen Diensten brauchen wir uns auch nicht zu verstecken.

Mastodon: Welche Rolle spielt die Größe einer Instanz?

Hinweis: Das ist ein Meinungsbeitrag.

Jeder, der dem Fediverse beitreten möchte, muss sich zu Anfang eine ganz grundlegende Frage stellen: Wie komme ich da überhaupt rein? Das Fediverse ist eben dezentral – und die eine Webseite, auf der man sich anmelden und loslegen kann, gibt es nicht. Stattdessen besteht das Fediverse aus einer Vielzahl sogenannter „Instanzen“. Diese können von Organisationen wie Vereinen, aber natürlich auch Einzelpersonen betrieben werden. Je nach dem, für welchen Fediverse-Dienst man sich interessiert, ist die Auswahl da mitunter ziemlich groß. Bestes Beispiel ist und bleibt hier wohl Mastodon, was heute sicherlich die bekannteste Fediverse-Software darstellt.

Abhängig davon, was man sich für die eigene Nutzung verspricht, bieten sich unterschiedliche Instanzen an.

Am Beispiel Mastodon möchte ich hier darstellen, welche Rolle die Größe einer Instanz-Gemeinschaft bei der Auswahl einer Instanz spielen kann – und welche Vorteile große und kleine Server bieten. Hier sollte aber auch gesagt sein, dass es insbesondere bei Mastodon recht einfach ist, die eigene Instanz zu wechseln. Falls ihr mit diesem Gedanken spielt, könnten die folgenden Überlegungen aber auch für euch interessant sein.

Grundlegende Unterscheidungen

Bevor ich hier irgendwelche Vor- und Nachteile diskutieren kann, möchte ich einige wichtige Eckpunkte abstecken. Denn wie man die Größe einer Instanz beurteilt bleibt natürlich zu einem gewissen Maße recht subjektiv. Grundlegend schlage ich eine Unterteilung in kleine, mittelgroße und große Mastodon-Instanzen vor. Server, die nur für eine sehr kleine Community, zum Beispiel für den privaten Gebrauch, betrieben werden, möchte ich hier auslassen. Mir geht es um öffentliche Instanzen, die aktiv an der Föderation im dezentralen sozialen Netzwerk teilnehmen:

  • kleine Instanzen hosten dutzende bis hunderte Profile
  • mittelgroße Instanzen hosten hunderte bis einige tausend Profile
  • große Instanzen hosten zehntausende Profile oder mehr

So viel ersteinmal zu den groben Rahmenbedingungen, die ich für diesen Artikel stecken möchte. Natürlich kann man sich über diese Einteilung streiten – und die Übergänge sind an vielen Stellen wohl auch fließend. Falls ihr die Einteilung vollkommen anders setzen würdet, freue ich mich über eure Kommentare. Allerdings muss ich mich auf einen gewissen Rahmen festsetzen, sonst würden meine Überlegungen überhaupt keinen Sinn ergeben. Ach ja, wenn ich schon dabei bin, mich aus der inhaltlichen Verantwortung zu ziehen: Das, was ich hier in diesem Beitrag schreibe, basiert natürlich ganz grundlegend auf meinen eigenen Erfahrungen.

Ich habe meinen Mastodon-Account selbst bereits einige Male umgezogen. Die größe der Instanzen war dabei oftmals ein Faktor, den ich zumindest im Hinterkopf hatte. Natürlich ist das, was ich auf meinen bisher genutzen Instanzen gesehen und erlebt habe, nicht repräsentativ – aber einen Einblick sollten diese Erfahrungswerte doch gewähren.

Klein aber fein?

Kleine Instanzen stehen meiner Ansicht nach in erster Linie für die Community, die sich auf ihnen tummelt. Vielleicht lässt sich das ein bisschen mit einer stereotypen Dorfgemeinschaft vergleichen, in der sich jeder kennt – und manche womöglich auch ziemlich gut leiden können. Gerade, wenn man auf die eigene lokale Timeline schaut, halte ich es für einfacher, in einer kleineren Gemeinschaft neue Kontakte zu knüpfen und dauerhaft zu halten. Wer auf einer kleinen Instanz die lokale Timeline beachtet, kann meiner Meinung nach schnell von einem durchaus positiven Gemeinschaftsgefühl eingeholt werden. Immerhin hat man ja mit den Leuten auf diesem Server schon ganz grundlegend etwas gemein – man hat sich die selbe Fediverse-Instanz ausgesucht. Solange sich derartige Communities nicht abkapseln und gar in eine elitäre Richtung abgleiten, würde ich das durchaus als einen Vorteil betrachten.

Auch auf technischer Ebene sehe ich einige Vorteile in kleineren Instanzen. Denn wenn sich auf einem Server weniger aktive Profile befinden, lastet auf den Moderatoren dieser Instanz potentiell auch weniger Verantwortung. Im Internet eine Nutzergemeinschaft zu moderieren kann anstrengend sein, weil man auch bei Inhalten nicht wegschauen kann, die man eigentlich nicht sehen möchte. Ich habe zwar selbst noch nicht auf einem Mastodon-Server moderiert, aber gebe seit einiger Zeit im Team mit einigen anderen Kommentare auf GNU/Linux.ch frei. Das ist bekanntlich eine eher technik-fokussierte Seite, und doch finden sich immer wieder kontroverse Meinungen und unangenehme Aussagen, manchmal auch Beleidigungen. Und all diese Kommentare wollen ebenso moderiert werden. Bei Mastodon stelle ich mir das nicht anders vor, vielleicht sogar noch einen Zacken anstrengender, weil es dort oft um den direkten Austausch mit anderen geht.

Wenn eine Mastodon-Community nun klein ist, ergibt sich wohl zwangsläufig etwas mehr Übersichtlichkeit für die Moderation – und das halte ich für sehr sinnvoll. Ja, im Grunde ist das einer der vielen Vorteile, die das Fediverse meiner Meinung nach gegenüber den großen kommerziellen Social-Media-Diensten bietet. Dezentralität kann eben nicht nur die Server-Last verteilen, sonder vielleicht auch die Belastung für einzelne Moderatoren mindern.

Übersichtlichkeit ist ein gutes Stichwort. Gerade aus Nutzerperspektive finde ich es wichtig, auf die lokale Timeline eines Servers zu achten. Ganz persönlich lege ich Wert darauf, dass ich mich auf einer Instanz wohlfühlen kann. Kurz: Ich möchte keine Instanz nutzen, deren Inhalte ich selbst nicht mit ansehen kann. Dieser Wohlfühl-Faktor ist aber nur ein Aspekt dieser Frage. Ein weiterer wichtiger Punkt ist meiner Meinung nach, wie stark frequentiert eine lokale Timeline ist. Das ist die Übersichtlichkeit, die ich meine. Auf manchen kleinen Instanzen liegen die einzelnen Beiträge in den lokalen Timelines teils Stunden auseinander – auf größeren Servern bekommt man hier manchmal jede Minute neue Inhalte zu Gesicht.

Ich habe die wenigen Beiträge in den lokalen Timelines allzu kleiner Instanzen oft mit Langeweile gleichgesetzt. Aber je länger ich darüber nachdenke, desto mehr kann ich mich eigentlich damit anfreunden: Wenn die lokale Timeline scheinbar nie zur Ruhe kommt – wo bleibt denn da die Zeit, sich mit den eigentlichen Inhalten auseinanderzusetzen? Kann es nicht auch Vorteile haben, mit etwas weniger Hektik im Alltag umgehen zu müssen? Ich finde, dass es dem eigentlichen Austausch und der Diskussionskultur als solches durchaus gut tun könnte – aber das bleibt natürlich eine subjektive Einschätzung. Beiträge in den sozialen Netzwerke verstehe ich oft als Schall und Rauch. Aber vielleicht ist es gar nicht so schlecht, auf den Schall zu hören und die Rauchzeichen zu entziffern.

Kleine Instanzen stehen für mich für eine besonders vitale Form der Föderation im Fediverse. Denn je größer eine Instanz ist, desto mehr Verantwortung lastet auf deren Administratoren – und desto mehr Kontrolle fällt ihnen im Fediverse zu.

Die goldene Mitte?

Mittelgroße Server sind gerade bei Mastodon ziemlich verbreitet. Wenn eine Instanz einmal Fahrt aufgenommen und Beachtung geschenkt bekommen hat, ist es nachvollziehbar, dass sich das herumspricht. Ich habe lange zum Beispiel die Instanz social.anoxinon.de benutzt, oder den Server troet.cafe. Im Grunde sind beide Instanzen sehr interessant, in der Regel freundlich und auch gut moderiert. Allerdings bin ich mir nicht ganz sicher, ob sich ab einer gewissen Instanzgröße nicht auch gewisse Nachteile ergeben könnten, sowohl für die Nutzerschaft als auch für die Moderation.

Denn wo mehr Nutzer unterwegs sind, finden potentiell auch vermehrt Diskussionen in der lokalen Timeline statt – und die Verantwortung bei den Moderatoren steigt. Natürlich ist es immer möglich, eine Instanz gemeinsam mit anderen zu moderieren, und nicht alleine. Aber trotzdem bleibt das Grundprinzip hier das gleiche. Meiner Meinung nach können Mastodon-Instanzen auch ein Stück weit als ein öffentlicher digitaler Raum verstanden werden. Dass Einzelpersonen oder Vereine diese ehrenamtlich oder spendenfinanziert bereitstellen, rechne ich ihnen hoch an. Allerdings denke ich auch, dass mit der Entscheidung, eine öffentliche Instanz zu betreiben, auch eine gewisse Verantwortung einhergeht.

Aus der Nutzerperspektive können mittelgroße Instanzen auch ihre Vorteile bergen, immerhin ist es potentiell leichter möglich, unterschiedliche Leute in der lokalen Timeline kennenzulernen, wenn die Nutzerbasis größer ist. Ich möchte hier nicht auf die thematischen Ausrichtungen verschiedener Server eingehen, sondern nur auf die statistische Wahrscheinlichkeit hinweisen. Allerdings verschwinden mit steigenden Nutzerzahlen eventuell auch die potentiellen Vorzüge, die kleine Instanzen für den Austausch in einer Gemeinschaft bergen können.

Ich habe selbst bisher eigentlich vermehrt positive Erfahrungen auf mittelgroßen Servern gemacht, auch wenn ich eher zu kleineren Instanzen tendiere. Am Ende des Tages muss das natürlich jeder für sich selbst entscheiden. Um einen Server auszuprobieren, muss man nicht gleich den eigenen Account umziehen. Aber wenn man sich mit der lokalen Timeline eines Servers vertraut gemacht hat, ist das natürlich problemlos möglich.

Groß und stark?

Große Mastodon-Instanzen sind für mich ein zweischneidiges Schwert. Für mich überwiegen eigentlich eher die nachteile besonders großer Server wie etwa mastodon.social oder mstdn.social. Ich möchte hier gar nicht gegen die Communities oder die Moderatoren auf diesen Servern wettern. Mir geht es hier eher um prinzipielle Aspekte.

Was die oben beschriebenen Punkte angeht, könnte man große Instanzen als das Gegenstück zu den kleinen Servern sehen, während die mittelgroßen Instanzen den Zwischenweg darstellen. Allerdings lassen sich meiner Ansicht nach bestimmte Vorfälle aus der Vergangenheit nicht einfach ausblenden, wenn wir über große Instanzen diskutieren wollen.

Als Elon Musk beispielsweise Twitter gekauft hat, konnte man im Fediverse objektiv massive Nutzerwellen hin zum Flaggschiff-Server mastodon.social feststellen. Natürlich war es für mich als Fediverse-Enthusiasten schön mit anzusehen, dass Mastodon endlich mehr Aufmerksamkeit gewinnen konnte. Aber die Folge dieser konzentrierten Anstürme auf mastodon.social waren eben auch, dass die Performance des Servers deutlich gesunken ist. Technisch haben die vielen neuen Nutzer also mehr oder minder gemeinsam dafür gesorgt, dass ihre Nutzungserfahrung mit Mastodon schlechter war, als sie es hätte sein müssen. Wenn sich die Last auf mehrere Server verteilt hätte, wäre sie wohl leichter zu händeln gewesen.

Noch heute ist mastodon.social eine der größten Fediverse-Instanzen überhaupt. Ich möchte hier auch niemandem absprechen, einen Account auf dem Server zu unterhalten; ich habe mich ja selbst schon einmal dort ausprobiert. Allerdings finde ich es schade, dass das grundlegende Konzept der Dezentralisierung hier so unbeachtet geblieben ist – vermutlich weil viele neue Nutzer damit noch keine Erfahrungen mit Aha-Effekt gesammelt hatten.

Performance-Probleme sind aber nicht die einzige negative Folge, die sich meiner Meinung nach inkonsequente Dezentralisierung zurückführen lässt. Vor ein paar Monaten ging von mastodon.social auch eine Spam-Welle aus. Damals war der Server wohl schon groß genug, um für digitale Trickbetrüger interessant genug zu sein. Mit Crypto-Scam-Links versehen gingen damals Spam-Nachrichten auch an Nutzer anderer Server heraus. Wenn ich mich richtig erinnere, musste die Moderation meines damaligen Servers dresden.network die Föderation mit mastodon.social temporär kappen, um die eigenen Nutzer vor den Scam-Nachrichten zu schützen. Das finde ich ziemlich traurig.

Hier zeigt sich wieder, welche Verantwortung den Admins und Moderatoren von öffentlichen Instanzen zukommt. Ich vermute, dass sich die digitalen Trickbetrüger nicht ohne Grund mastodon.social als Startserver ausgesucht haben, denn selbst wenn andere Instanzen derentwegen die Föderation mit mastodon.social kappen, wäre dann die Angriffsfläche auf dem eigenen Server noch groß genug gewesen.

Natürlich sind das nur zwei Beispiele und gerade im zweiten Fall auch ein gutes Stück Vermutungen, die ich hier beschreibe. Allerdings zeigen sie zumindest mir, warum ich aktiv lieber auf kleineren oder wenn, dann mittelgroßen Servern unterwegs bin.

Fazit

Dieser Text spiegelt ganz klar meine persönliche Meinung. Es bleibt eben eine persönliche Entscheidung, welchen Server man nutzen möchte – und diese Entscheidung baut zumindest für mich auch massiv auf ein gewisses Vertrauen. Heute habe ich meinen Account von der größten deutschsprachigen Instanz troet.cafe zum wesentlich kleineren Server dizl.de umgezogen. Meine Beweggründe waren hier im Wesentlichen die Vorteile, die kleinere Instanzen für die Dezentralität des Fediverse bedeuten können und die Übersichtlichkeit, die sich mir als Nutzer in der lokalen Timeline bietet.

Wie bereits erwähnt ist es gerade bei Mastodon eigentlich recht einfach, bestehende Accounts auf einen anderen Server umzuziehen. Allerdings kann ich verstehen, wenn sich manche Nutzer diesen Aufwand nicht machen wollen, vielleicht auch, weil sie die eigenen Beiträge nicht mitnehmen können. Deswegen empfehle ich es gerade Neulingen, auf den mittelgroßen Server troet.cafe zu setzen und im Zweifelsfall auf eine andere Instanz umzuziehen. Da dieser Server bereits von vielen genutzt wird, vermute ich, dass bei Neulingen so nicht der Anschein erweckt wird, im Fediverse wäre nur tote Hose – wenn sie auf ihre lokale Timeline schauen.

Ich nutze das Fediverse und Mastodon aber nicht erst seit gestern und habe so schon einige Zeit damit verbringen können, verschiedene Server zu testen. Im Grunde waren meine Erfahrungen damit meistens eher positiv. Ich bin oft auch deswegen gewechselt, weil mich ein anderer Server seinerzeit mehr angesprochen hat. Also auch nicht unbedingt, weil ich mit meinem alten Server unglaublich unzufrieden gewesen wäre.

Sich im Fediverse umzusehen, genau darauf zu achten, welcher Community man beitreten möchte und welche Instanz individuell ansprechend ist: Das kann wohl nie schaden. Vielleicht helfen ja auch meine Überlegungen, die ich in diesem Beitrag formuliert habe, ein wenig bei der Auswahl. Ich freue mich jetzt jedenfalls auf meine Zukünftigen Erfahrungen mit und auf dizl.de. 🙂


Bildnachweis: Eukombos, CC0, via Wikimedia Commons

Das Internet: Ein Raum der Möglichkeiten

Ja, ich gebe es zu: Manchmal glorifiziere ich das Internet. Ich gebe zu: Manchmal blende ich aus, was im Netz falsch läuft – weil ich denke, dass man eigentlich nur nach den richtigen Ecken suchen muss. Ich habe das Internet bisher immer als einen Raum der Möglichkeiten verstanden, insbesondere das Web.

Manchmal mache ich mir Gedanken, ob die Web-Trends rund um die sozialen Netzwerke der großen Firmen, der wachsende Einfluss Googles im Netz und auch der übergroße Marktanteil von Chrome bei den Browsern dem Web als ganzes gefährlich werden könnten. Und ja, an manchen Stellen komme ich nicht umhin und muss mir einfach Sorgen machen. Sorgen um das „freie Internet“, das ich in ganz unterschiedlicher Hinsicht liebgewonnen habe.

Das Internet ist wohl eines der wichtigsten Projekte überhaupt, dass die Menschheit als ganzes über Ländergrenzen hinweg umgesetzt hat. Ich bin mit dieser internationalen Form des Internets groß geworden und freue mich nur zu oft, ein Teil davon sein zu können. Ich verstehe das Internet eben als einen Raum der Möglichkeiten, der nur darauf wartet, genutzt zu werden.

Egal ob es hier um journalistische, kreative oder lehrreiche Inhalte geht: Im Web findet sich für so gut wie alles ein Raum – und das ist meiner Meinung nach einfach unglaublich beeindruckend. Ja, manchmal ist dieser freie Raum in Gefahr oder zumindest den Interessen profitorientierter Konzerne schutzlos ausgeliefert. Und in manchen Ecken des Netzes möchte man sicherlich auch nicht vorbeischauen. Es gibt hier aber zum Glück ein großes „Aber“:

Aber am Ende des Tages kommt es immernoch darauf an, wie wir das Web nutzen. Und genau deswegen finde ich es auch wichtig, kleine und persönliche, individuelle Projekte ins Netz zu stellen. Das zeigt auch, dass das Web auch heute noch an manchen Stellen ungezähmt sein kann. Das Web sehe ich als einen öffentlichen Raum – und ich kann nur hoffen, dass dieser auch in Zukunft öffentlich bleiben wird.

Was diese Hoffnung angeht, gibt es viele Projekte, die sich für ein freies Internet einsetzen. Und das ist gut so, ich bin auch sehr froh darüber. Die CreativeCommons-Lizenzen finde ich zum Beispiel sehr spannend. Ich nutze diese ja auch selbst für diesen Blog, um meine Inhalte für andere freier zugänglich zu machen. Das klingt nach einem guten Schlusswort: Vielleicht ist es genau dieser Blog, mit dem auch ich zu einem freien Internet beitragen kann – ich würde mich jedenfalls sehr darüber freuen: Jeden Tag entdecke ich unzählige spannende Inhalte im Netz. Da möchte ich auch einmal etwas zurückgeben.

Hier lohnt sich sicher noch eine Frage an euch: Wie lebt ihr im digitalen Raum der Möglichkeiten?

Der Preis für Social Media

Wie habe ich eigentlich schon darüber geschrieben, dass ich die großen sozialen Netzwerke Twitter, Instagram (und Facebook) nicht besuche oder benutze? Ich habe jedenfalls nicht mitgezählt – aber falls ihr das gemacht haben solltet, könnt ihr den Stand jetzt um eins erhöhen. An manchen Tagen freue ich mich sehr, nicht auf den großen sozialen Netzwerken unterwegs zu sein – oder unterwegs sein zu müssen. Denn als ich Twitter und Instagram noch genutzt habe, war ich mit der Zeit immer weniger mit diesen Plattformen zufrieden: Instagram wurde immer nerviger und Twitter hat Elon Musk aus dem Rennen genommen. Einen Account bei Facebook hatte ich ohnehin nie. Ja, ich rede und schreibe gern über dieses Thema, weil es für mich wie kein zweites ein gewisses Spannungsfeld abbildet: Das, in dem wir uns im interaktiven „Web 2.0“ stets und ständig wiederfinden.

Nachdem die klassischen Nutzungsformen des Web 1.0, insbesondere das Basteln eigener Homepages oder das Verfassen langer Blogartikel etwas aus der Mode gekommen ist, hat sich das Web 2.0 entwickelt. Damals, als die oben genannten großen sozialen Netzwerke gegründet und immer größer wurden, hat ein Trend eingesetzt hin zu dem Netzwerksystem, das das Web noch bis heute dominiert. Inhalte von Nutzern werden heute in großem Maßstab auf Plattformen veröffentlicht, bei denen sich prinzipiell jeder anmelden kann. In der Regel geht das kostenlos; aber wem erzähle ich hier etwas neues. Ich möchte ja nur einmal resümieren: Das Web 2.0 ist heute eine besonders bedeutsame Form, Inhalte ins Netz zu stellen und zu diesen Stellung zu beziehen. Ob Texte, Kurznachrichten, Videos oder Audios: Für die verschiedenen Medienformen existieren oftmals gleich mehrere Dienste.

In der Schule habe ich gelernt, dass man immer erst etwas positives zur Arbeit eines anderen sagen soll, wenn man diese einschätzt: Die verbreiteten Dienste des Web 2.0 lassen sich an vielen Stellen kritisieren. Aber bevor ich zu diesem Teil übergehe, möchte ich zunächst ein paar interessante Aspekte hervorheben, die wir hier vielleicht auch nicht vergessen sollten: Dienste wie Twitter zum Beispiel haben Kommunikation im Netz viel schneller und sicherlich auch einfacher gemacht. Es ist nachvollziehbar, wenn nicht jeder eine Webseite schreiben möchte, der etwas über das Web mitteilen mag. Die großen sozialen Netzwerke haben die Kommunikation über das Netz als ganzes mit Sicherheit verstärkt. Und ich wage auch zu behaupten, dass durch die großen sozialen Netzwerke mehr Menschen überhaupt mit dem Netz in Kontakt gekommen sind. Vermutlich sind so auch wesentlich mehr Perspektiven in das eingeflossen, was ich gerne als „Netzkultur“ zusammenfasse.

Als Teil des WWW können soziale Netzwerke Menschen einen Raum geben, um ihre Ansichten, Meinungen und auch ihr Wissen mit anderen zu teilen. Das finde ich schön und möchte es den großen Plattformen auch nicht absprechen, wenn meine Kritik an ihnen harsch ausfällt. Allerdings stellt sich doch immer die Frage, welchem Preis man dafür zahlen muss, um die Vorzüge sozialer Netzwerke ausschöpfen zu können. Facebook, Twitter, Instagram und Konsorten: Das sind alles kommerzielle Dienste, die nicht aus Luft und Liebe erstellt, erhalten und weiterentwickelt wurden und werden. Auf den großen Social-Media-Plattformen bezahlen Nutzer heute in der Regel mit ihren Daten und ihrer Zeit.

Ich bin froh, dass sich über das Fediverse viele Vorteile sozialer Medien nutzen lassen, ohne die kommerziellen Interessen eines Unternehmens im Hintergrund. Doch als politisch und kulturell interessierter Mensch frage ich mich manchmal eines: Was verpasse ich eigentlich, jetzt da ich zum Beispiel kein Instagram und Twitter mehr verwende. Instagram ist mir hier eigentlich recht egal – denn die dort geteilten Inhalte interessieren mich oft eher weniger. Bei Twitter sieht das schon etwas anders aus. Denn manchmal kann dieses Netzwerk auch einfach eine sehr schnelle Informations- und Nachrichtenquelle sein. So habe ich es zumindest in Erinnerung. Klar, ob sich dort sinnvoll streiten lässt, ist schon ein Streitpunkt für sich. Aber die ein oder andere Schlagzeile mitzubekommen, ein paar Meldungen abgreifen zu können – Twitter ist nicht ohne Grund zu einer großen Plattform geworden.

Ich finde es nachvollziehbar, wenn Leute Twitter aus derartigen Gründen verwenden. Aber dann holen mich schnell wieder die Bedenken ein, wegen der ich dieser Seite einst den Rücken gekehrt habe. Die Bedenken erinnern mich sozusagen daran, warum ich Twitter nicht mehr verwende. Und das ist auch gut so. Natürlich geht es bei den großen kommerziellen Anbietern von Social-Media-Diensten primär um die Werbeeinnahmen. Aber ohne Nutzer ist eine Plattform eben auch für Werbetreibende uninteressant. Wer eine solche kommerzielle Plattform verwendet, unterstützt diese auch, mit der eigenen Anwesenheit.

Das Fediverse übertrifft insbesondere Twitter schon an vielen Stellen, diese Vorteile überwiegen auch deutlich. Aber der altbekannte Netzwerkeffekt, dass eine Plattform immer auch an der schieren Menge ihrer Nutzer gemessen wird, lässt sich nicht ausblenden. Ich bin bereit, das Fediverse weiterhin zu unterstützen. Ich würde Mastodon, Friendica und die anderen Fedi-Dienste auch verwenden, wenn sie nicht einmal annähernd an die Funktionalität der großen sozialen Netzwerke anknüpften. Ganz einfach, weil das Fediverse so viele eigene Akzente setzt, dass es sich nicht immer mit anderen, kommerziellen Diensten vergleichen muss.

Ich komme aber auch nicht umhin, selbst derartige vergleiche anzustellen: Das Fediverse ist ein Netzwerk aus sozialen Netzwerken und deswegen messe ich es auch anhand meiner Verwendungszwecke für andere Dienste. Der entscheidende Unterschied ist aber: Im Fediverse habe ich meist nicht das Gefühl, einen Handel eingehen zu müssen. Ein Tauschgeschäft, zum Beispiel mit meinen Daten, was mir über die Zeit immer weniger fair vorgekommen ist. An diesem Eindruck hat sich bis heute eigentlich nichts geändert.

Vielleicht sollte ich mich also weniger fragen, was ich verpassen könnte. Stattdessen könnte ich mich ja auch einfach darauf konzentrieren, was mir am Fediverse gefällt. Und auf das, was ich ohne Twitter und Co. auch nicht mehr mit ansehen muss. Kommerzielle soziale Medien machen uns ein Angebot – aber das müssen wir nicht annehmen.