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Der Rand gewinnt

Die Union feiert, die SPD ist niedergeschlagen, ich selbst brauche noch ein bisschen Zeit, um die Ergebnisse der Bundestagswahl zu verarbeiten. Der Grund: Mehr als 20 Prozent für die AfD – das drückt auf den Magen.

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Reichstag building Berlin, Germany“/ CC0 1.0

Ich finde: Eigentlich kann sich die CDU nicht wirklich als Sieger dieser Wahl feiern. Ihr Ergebnis liegt nur etwas mehr als vier Prozentpunkte über dem von 2021. Im Osten Deutschlands konnte die CDU kein Direktmandat erringen, der Druck von rechts wächst. Nicht nur auf die CDU, auch auf die Demokratie. Selbst im westdeutschen Wahlkreis Kaiserslautern liegt die AfD vorn. Und verloren haben auch die anderen Parteien, die fest zur demokratischen Mitte stehen. Die SPD fährt ihr historisch schlechtestes Ergebnis ein, die Grünen verlieren auch an Rückhalt – wenn auch weniger als die anderen Parteien der Ampelkoalition.

Das Wahlergebnis scheint eine Rückmeldung zu sein. Eine Rückmeldung für Monate des Streits in einer vermeintlichen „Fortschrittskoalition“. Das, was die Ampel geschafft hat, wird meiner Ansicht nach nicht ausreichend gewürdigt: Im Wahlkampf wurde so viel über Migration debattiert – da sind Errungenschaften wie das Deutschlandticket, der Ausbau der erneuerbaren Energien und die deutlich verminderte Abhängigkeit gegenüber Russland schlicht unter den Tisch gefallen. Die Ampel hatte ein Kommunikationsproblem, nach innen und nach außen. Den Preis dafür hat sie gestern Abend bezahlt.

Einen Tag nach der Wahl deutet alles auf eine große Koalition hin. Keine schönen Aussichten, wenn man den Innovationsstau bedenkt, den wir den letzten GroKos verdanken. Keine schönen Aussichten auch für die Sozialdemokratie, die von Regierungsbeteiligung zu Regierungsbeteiligung immer weniger Stimmen einsammeln konnte.

Ob Deutschland mit dieser Bundestagswahl gewinnt, weiß ich nicht. Aber die Wahl steht fest. Klar ist auch: Der rechte Rand hat diese Wahl gewonnen. Das Aufstreben einer linken Oppositionskraft kann darüber nur schwer hinwegtäuschen.