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Review: Vertikale Tabs in Firefox

Mit Version 136 ist es so weit: Die Firefox-Entwickler:innen haben vertikale Tabs eingeführt. Wer möchte, kann sich seine offenen Webseiten jetzt auch an der linken oder rechten Seite des Browser-Fensters anzeigen lassen. Neugierig wie ich bin, musste ich das direkt einmal ausprobieren, immerhin gelten die Seiten-Tabs als ein heiß ersehntes Feature in der Community.

Nach so gut wie einem Tag am Rechner, mit den Tabs an der Seite muss ich sagen: Das macht richtig Spaß.

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Einfache Einrichtung

Um die neue Option einzuschalten, reichen zwei Klicks aus: Einmal in die Tab-Leiste mit der rechten Maustaste, und dann noch einmal mit der linken auf den Menüpunkt „Vertikale Tabs aktivieren“: Schon sortiert sich Firefox neu. Dann wird standardmäßig die Seitenleiste des Browsers eingeschalten, und hier finden sich dann auch die offenen Webseiten. Ganz oben stehen dabei angepinnte Webseiten, die in einer eleganten Spalte oder Zeile angezeigt werden.

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Mit einem Knopf ganz oben links in der Ecke können die Tabs aufgeklappt, oder auf die Favicons reduziert werden. Wer mag, kann die ausgeklappte Ansicht noch anpassen; am Rand kann man sie größer oder kleiner ziehen.

Ganz unten in der neuen Seitenleiste finden sich noch ein paar Schnellstarter: Hier kann man zum Beispiel auf die eigene Browser-Chronik zugreifen, auf Lesezeichen oder bestimmte Erweiterungen. Mit einem entsprechenden Menü lässt sich dieser Bereich anpassen. Eine Option schnell auf KI-Chatbots zuzugreifen brauche ich zum Beispiel nicht und habe sie einfach abgewählt.

Wer möchte, kann die Tabs auch an der rechten Seite anordnen, links ist aber Standard. Das gefällt mir gut, denn als Ubuntu-Nutzer ist mein Mauszeiger sowieso öfter in der Nähe des Docks, links an der Seite.

Ungewohnte Umstände

Tabs an der Seite – das ist erst einmal eine Umstellung. Firefox ist zwar nicht der erste Browser, der dieses Feature einführt. Edge, Arc und Zen haben es schon länger nativ eingebaut, setzen teils sogar darauf. Ich bin aber bisher immer mit horizontalen Tab-Leisten durchs Web gesurft.

Trotzdem: Lässt man sich auf das Konzept ein und erinnert sich manchmal selbst daran – dann kann man mit den vertikalen Tabs schon richtig Spaß haben. Vorbei sind damit nämlich die Zeiten, in denen die Tabs oben immer kleiner werden, mit steigender Anzahl. Mit vertikalen Tabs lässt sich die Liste viel bequemer überblicken, aufgeregtes Suchen wird weniger. Sicher, lässt man sich nur die Favicons anzeigen, muss man dazu erst den entsprechenden Button drücken. Aber das geht schnell.

Ich habe auch gehört, dass schon an einem neuen Feature gearbeitet wird: Angeblich sollen sich die Tabs an der Seite bald auch per Maus-Kontakt ausklappen lassen. Das wäre wirklich praktisch.

Mit den Tabs an der linken Seite sieht Firefox ein bisschen aus wie ein Chat-Programm: Auf Slack oder Matrix zum Beispiel werden einzelne Unterhaltungen ja auch links aufgelistet. Ganz unvertraut bin ich also auch nicht mit dem neuen Layout. Das hilft.

Winzige Wünsche

Ich bin begeistert von den neuen vertikalen Tabs. Gerade wenn man auf die minimale Anzeige setzt, nur mit den Favicons: Dann lässt sich richtig Platz sparen. Für einen Laptop-Nutzer wie mich ist das ein großer Vorteil. Meine Lesezeichen-Liste oben habe ich mit den vertikalen Tabs nun auch erst einmal ausgeblendet, denn darauf kann ich ja auch über die Seitenleiste zugreifen.

Wünschen würde ich mir noch ein paar Kleinigkeiten: Auf das automatische Einblenden der Tabs warte ich gespannt. Und wenn man sehr viele Tabs geöffnet hat, ist das vertikale Verschieben der Liste per Touchpad noch ein bisschen langsam – das könnte aber auch an meinem Rechner und Betriebssystem liegen. Eine Leiste zum Scrollen wird zwar eingeblendet, leider ist sie aber etwas schwer zu fassen. (Anmerkung: Scheinbar handelt es sich hier um ein Problem mit dem Wayland-Grafikserver. Unter Xorg besteht das Problem nicht.)

Vielleicht wären hier Pfeile nach oben und unten sinnvoll. Immerhin werden ja auch im traditionellen horizontalen Modus Pfeile eingeblendet, wenn man viele Tabs öffnet. Mir haben auf die Schnelle zwei Tastenkombinationen geholfen: Drückt man „Steuerung“ und „Bild auf“, springt Firefox einen Tab nach oben. Mit „Steuerung“ und „Bild ab“ geht es in die andere Richtung.

Auf GNU/Linux.ch hat Autor Ephraim auch angemerkt, dass das Kreuz zum Schließen der Tabs sehr klein ist, wenn nur die Favicons angezeigt werden. Das stimmt, aber mich stört es nicht. Ich schließe Tabs per Mittelklick, dann ist die Fläche groß genug.

Fazit: fantastisches Feature

Vielleicht merkt man mir das an: Ich finde, das neue Feature ist den Firefox-Entwickler:innen wirklich gelungen. Heute habe ich mich sogar bei dem Gedanken ertappt: Mh, wozu kann ich Firefox denn jetzt nutzen – nur um dieses neue Feature weiter zu testen. Hier etwas zu finden, fällt bei einem Webbrowser natürlich nicht schwer. Es ist schon interessant, was anders angeordnete Tabs für einen Unterschied machen können.

Vielleicht hatte ich auch mal eine Abwechslung nötig, in Sachen Browser-Layout. Meine Tabs jedenfalls werde ich wohl an der Seite behalten.

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Firefox und seine Startseite

Ich bin ein überzeugter Nutzer des frei lizenzierten Webbrowsers Firefox. Mir gefällt dieser Browser sowohl funktional, technisch und auch was die Lizenzen angeht unter den Wettbewerbern einfach am besten. Ich habe mich gut in die Software eingearbeitet – weil ich sie täglich nutze. Ja, die Marktanteile von Firefox sinken immer mehr, Google ist mit seinem Browser Chrome und der unterliegenden HTML-Rendering-Engine Blink sicherlich auf dem Vormarsch. Aber zumindest auf meinem Rechner hat Firefox seinen Platz sicher.

Natürlich gibt es auch Einstellungen oder Funktionen, die mir im Firefox nicht so sehr gefallen. Aber der Feuerfuchs gibt mir die Möglichkeit, diese zu deaktiveren und den Browser recht gut auf meine Bedürfnisse abzustimmen. Firefox ist für mich ein alltägliches Werkzeug, dass ich gerne nutze. Und etwas, dass dazu beiträgt, ist auch die Firefox-Startseite. Gemeint ist hier die Seite, die Firefox ohne dass eine andere Website festgelegt ist, zum Start anzeigt. Bei mir sieht diese momentan so aus:

Mir werden beim Start Seiten angezeigt, die ich vor kurzem besucht habe. Und außerdem schlägt mir der Mozilla-Dienst Pocket lesenswerte Artikel vor. Weiter unten – das sieht man im Screenshot nicht – findet sich ein weiterer Abschnitt zu kürzlicher Aktivität im Browser. Eigentlich wirkt diese Startseite nicht sonderlich spektakulär oder aufregend. Aber für mich stellt sie vor allem eines dar: Einen Willkommensbildschirm, den ich gern zu sehen bekomme, wenn ich Firefox öffne.

Ich mag es, dass dieser angepasst werden kann. Auch die Werbung, die Firefox leider standardmäßig mit auf dieser Seite liefert, lässt sich vollständig abschalten. Natürlich habe ich das bei mir entsprechend eingestellt. Schade ist auch, dass die Erweiterung Pocket meines Wissens nach nicht quelloffen lizenziert ist. Allerdings ist der Dienst praktisch, gerade zum Speichern von lesenswerten Artikeln – oder eben zur Begrüßung auf der eigenen Startseite.

Vielleicht fragt ihr euch jetzt, weswegen ich diesen Artikel eigentlich verfasst habe. Immerhin ist die Startseite jetzt kein bahnbrechendes, ungekanntes Feature, das alle Chrome-Nutzer zu Firefox bekehren wird. Ich mag es aber, über diese „Front-Page“ nachzudenken – denn sie bildet meiner Meinung nach eine durchaus nette Ergänzung. Womöglich lohnt es sich sogar, über eine solche Kleinigkeit nachzudenken. Ich jedenfalls mag Firefox auch deswegen.

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HTML-Renderer: Keine Qual der Wahl. Leider.

So gut wie jeder nutzt irgendeinen Web-Browser, doch so richtig beschäftigt haben sich viele mit ihrer Wahl anscheinend noch nicht: Google Chrome ist zum Beispiel Marktführer mit Abstand, obwohl der Browser bekanntermaßen massenweise Nutzerdaten sammelt und die Monopolstellung Googles maßgeblich unterstützt. Der wohl bekannteste freie Browser bleibt zwar noch immer Firefox, aber der heiße Fuchs verliert stetig an Marktanteilen und fristet nunmehr eher ein Randdasein.

Doch selbst, wer einen Blick auf die aktuellen Nutzerzahlen der einzelnen Browser wirft, kennt noch nicht das gesamte Problem. Das steckt nämlich viel tiefer, in der Basis der Browser selbst. Jeder Webbrowser hat im Grunde genau eine Aufgabe: Die korrekte Darstellung von Webseiten, also von HTML und CSS mit JavaScript und manchmal etwas mehr. Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, greift jeder Browser auf eine sogenannte Rendering-Engine, auch HTML-Renderer genannt, zurück. Und genau hier sitzt das Problem. Über die Jahre hat sich Google immer weiter durchgesetzt. Da wo einst einige verschiedene Renderer waren, verdrängt das Google-Produkt „Blink“ jetzt die Konkurrenz vom Markt.

Schockierend wird das ganze dann, wenn man bedenkt, dass die Vielfalt der Browser in diesem Sinne eigentlich nur ein Schein ist: Brave, Vivaldi, Edge, Opera und viele mehr setzen heute auf Chromium bzw. Blink auf. Damit greifen sie auf Google-Technologien zurück. Chromium und Blink sind zwar frei und quelloffen lizenziert, doch sie unterstehen der absoluten Kontrolle Googles. Wer also einen Chromium-basierten Browser nutzt, der muss sich zumindest ein Stück weit auf Google-Technik verlassen. Auch die Konkurrenz ist in dieser Lage dahin: Auf dem Markt dominieren momentan die Renderer Blink, „Gecko“ (von Mozilla) und „WebKit“ (von Apple). Da WebKit aber als sehr rückständig gilt, bleibt nur Gecko als eine letzte ernstzunehmende Konkurrenz.

Doch diese letzte Konkurrenz auf dem Browser-Gebiet verliert immer weiter an Einfluss: Da wo Firefox an Marktanteilen verliert, gewinnen Google und Blink mit ihren Browserprodukten Chrome und Chromium. Sicher mag Chromium technisch kein unfassbar scheußlicher Browser sein. Und doch bleibt die Frage, wann Google sein Monopol endgültig ausweitet allgegenwärtig. Allein das es schon so weit gekommen ist zeigt, wie gefährdet das freie Web heute ist. Ich kann gut mit Firefox und anderen nicht-Blink-Browsern leben. Nur leider gibt es von diesen nicht mehr sonderlich viele. Vielleicht sollten einfach mehr Menschen (wieder) Firefox ausprobieren?