Manchmal fällt es mir schwer, mich auf den eigentlich zu vermittelnden Inhalt zu konzentrieren, wenn ich mich auf sozialen Plattformen im Netz bewege. Zu oft habe ich das Bedürfnis, mich mehr mit dem Rahmen, sprich: der Plattform an sich, auseinanderzusetzen und vergesse dann schnell, warum ich eigentlich dort bin. Sicherlich sind diese Gedanken dann nicht sinnlos, und doch kommt schnell eine gewisse Leere auf, immerhin beschäftigt man sich mit der Plattform und nutzt sie nicht nur als Werkzeug, um dritte Inhalte zu behandeln, einzubinden, zu anderen Themen zu schreiben.
Diese Dränge, die Neugier nach den Funktionsweisen der Plattformen in sich, konnte ich bei mir auch im Bezug auf das Fediverse feststellen. So habe ich immer wieder unterschiedliche Plattformen ausprobiert, mir deren Sinn und Zweck angelesen. Ja, das war schon sehr interessant, und doch kann ein soziales Netzwerk nicht überleben, wenn alle so an die Sache herangehen würden. Wenn sich ein soziales Netzwerk also immer nur mit sich selbst beschäftigen würde, würde es vermutlich untergehen – natürlich schreibe ich hier im Konjunktiv von dieser Vorstellung, da sie zum Glück gerade auf das Fediverse nicht zutrifft.
Insbesondere im Zuge des Twitter-Chaos in letzter Zeit hat das Fediverse einen nicht abstreitbaren Zulauf erhalten und bei mir wieder diese medientheoretische Neugier geweckt: Nachdem sich Neulinge kurz vorgestellt haben und erste Fragen geklärt waren, scheinen viele einfach so weiter gemacht zu haben, wie sie zuvor auf Twitter aufgehört haben. Während also neue Mastodon- und somit Fediverse-Nutzer die Plattform als Werkzeug für sich entdeckt haben, konnte ich gerade bei mir selbst feststellen, mich mehr damit zu beschäftigen, wie sich diese Nutzerentwicklung auf das dezentrale Netzwerk als ganzes auswirkt – mittlerweile ist mir bewusst geworden, dass mir das Fediverse irgendwie so sehr ans Herz gewachsen ist, dass ich die eigentliche Idee dahinter immer mehr verdrängt habe.
Für mich ist das Fediverse nicht mehr ein soziales Netzwerk, mit dem ich mich digital hätte vernetzen können – das Fediverse ist für mich zu einer Art Meta-Plattform (im Sinne von übergeordnete Plattform) geworden, weil es den Gedanken eines freien Internets oder auch Webs hochzuhalten scheint in einer Zeit, in der kommerzielle Webseiten und Dienste unseren Alltag prägen. Mittlerweile projiziere ich gewisse Hoffnungen in das Fediverse hinein, auch oder vielleicht auch weil ich mich, vor meiner Zeit im Fediverse, selbst nie richtig in ein soziales Netzwerk eingebunden habe, obwohl so viele im Netz irgendwie sehr auf ihr persönliches Netzwerk, ihre „guten Kontakte“ bedacht zu sein scheinen.
Demgegenüber kommen mir die sozialen Interaktionen im Fediverse immer sehr freundschaftlich vor, nicht so aggressiv, nicht so egozentrisch, wie auf anderen Diensten und Netzwerken durchaus üblich. Dem Fediverse hängt ein gewisser Grundgedanken von Freundlichkeit an, vermutlich weil es sich in der digitalen Nische bewegt. Und weil ich mich für diese digitale Nische so sehr interessiere, frage ich mich immer wieder, wie sie wohl von der zunehmenden Aufmerksamkeit beeinflusst werden könnte.
Die ursprüngliche Euphorie, das Fediverse könne nun die großen proprietären Dienste ablösen, muss ich für mich selbst hinterfragen: Das hieße nämlich auch, dass das Fediverse anders wäre, als bisher, zumindest, wenn man davon ausgeht, dass auch die Nutzerinnen und Nutzer selbst ihre Plattform beeinflussen. Wenn man davon ausgeht, dass die Nutzergemeinschaft selbst ein soziales Netzwerk ausmacht, setzt man eine nicht aufzuhaltende Unbeständigkeit des Netzwerks selbst voraus – und nein, das ist nicht so negativ gemeint, wie es sich vielleicht anhören mag. Immerhin hieße diese Annahme auch, dass ein soziales Netzwerk selbst grundlegend auf den Interessen der Nutzer basierte.
Die Frage ist aber, wie genau sich das in die bestehenden Landschaft der sozialen und weniger sozialen Dienste einfügen ließe. Große Plattformen bleiben nicht selten einfach nur groß, weil sie einmal groß geworden sind, immerhin „ist ja jeder dort“. Das schließt zwar keine Nutzerwanderungen aus – Mastodon und Twitter sind da das beste Beispiel – und doch bleibt abzuwarten, ob je der notwendige Kipppunkt erreicht werden kann. Die Frage ist vielleicht weniger, ob „wir“ wollen, dass dieser Wendepunkt erreicht wird; ich denke nicht, dass eine bestehende Nutzergemeinschaft einen wesentlichen Einfluss auf die Nutzerbewegungen anderer Plattformen haben kann.
Dabei möchte ich aber auch nicht behaupten, dass das Fediverse keinen Einfluss auf neue Nutzer haben könnte oder hat. Vielleicht können wir gemeinschaftlich den Grundgedanken der Freundlichkeit im Fediverse beibehalten – vermutlich aber nur, wenn wir Neulinge nett empfangen. Sicherlich scheint diese Schlussfolgerung zu logisch, als dass man sie dediziert erörtern müsste – und doch scheint mir Freundlichkeit gerade im digitalen Raum nicht selbstverständlich. Vielleicht können „wir“ das ändern, zumindest im Fediverse.
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