Kategorie: Politik

Politik und Gesellschaft


  • Positiver Stress?

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    Vorgestern habe ich einen Text zu Stress und Zeit veröffentlicht. Darin habe ich im Wesentlichen mein Verhältnis zu den Belastungen des Alltags beschrieben, die mir manchmal unausweichlich vorkommen. Im Fediverse habe ich dazu eine sehr interessante Antwort bekommen, über die ich mich sehr gefreut habe. In diesem Beitrag möchte ich auf die Gedanken von Heiko eingehen. Bitte lest den oben verlinkten Ursprungsbeitrag, ansonsten könnten die Inhalte dieses Beitrags etwas verwirren.

    Für viele Menschen dürfte es schon einen großen Unterschied darstellen, ob man Dinge erledigen „muss“ oder will, die einem Spaß machen – oder einfach nur lästige „Pflichtübungen“ und/oder gar langweilige Routine sind.

    Heiko via Friendica

    Diesem Punkt möchte ich zustimmen. Auch in meinem Text habe ich mich sehr vage gehalten, zur ganzen Diskussion rund um den „positiven“ oder „negativen“ Stress. Insgesamt denke ich auch, dass sich eine derart genaue Definition nicht für diese Streitfrage eignet: Selbst wenn der Stress vermeintlich positiv anfängt, weil man etwas unbedingt erreichen möchte, ist nicht gesagt, dass das dauerhaft so bleibt. Positiver Stress ist nicht direkt ein dauerhaft positiver Stress, finde ich. Wenn das eigene Ziel am Anfang noch motivieren mag, am Ende aber eher zu einer Bürde wird, kann ich nur schwer von „positivem“ Stress ausgehen.

    Ein anderer interessanter Aspekt ist meiner Meinung nach auch, dass man sich für die eigenen Ziele oft viel eher Zeit nehmen muss. Stress könnte also auch als das angesehen werden, was Menschen davon abhält, ihren eigenen Zielen und vielleicht auch wünschen nachzukommen. Wenn das eigene Ziel irgendwann unerreichbar scheint, steht für mich eher zur Diskussion, ob man dieses Ziel überhaupt haben sollte. Man scheint sich das ja anfangs anders vorgestellt zu haben.

    Das Gefühl, Stress zu haben, ist wohl schon gerechtfertigt. Wenn man es zulässt, dass man von außen (zu)viel aufgeladen bekommt oder sich selbst zuviel zumutet. Oder wenn man meint, gestellten Ansprüchen fachlich oder zeitlich nicht entsprechen zu können. Man sollte sich fragen: „Muss man das überhaupt?“

    Heiko via Friendica

    Ich habe oft ein Problem, einfach einmal „nein“ zu sagen. Wenn man eine Frage bejaht, und dann versucht, irgendwie an eine Lösung heranzukommen, kann einem das manchmal ein bisschen einfacher vorkommen, als eine Person direkt sitzen zu lassen, oder? Dann aber zu merken, in welche Situation man sich da eigentlich hineingeredet hat – das fällt mir zumindest oft viel zu spät auf.

    Zu den Ansprüchen: Das ist wohl ein wichtiger Faktor, der jede Aufgabe zu einer unangenehmen Stresssituation machen kann. Zu wissen, dass man am eigenen Verhalten, dem eigenen Schaffen oder sonst was gemessen wird, macht dieses „sonst was“ oft nicht wirklich besser. Zu oft höre ich, dass Konkurrenz die Qualität steigern könnte. Ich kann das einfach nicht so schnell akzeptieren: Klar, wenn sich einzelne anstrengen, können sie vielleicht mehr erreichen. Aber trotzdem kann eine Konkurrenzsituation auch immer zu Belastungen führen. Und deren Ausmaß scheint vielen, die diese Position vertreten, nicht immer direkt klar zu sein.

    Wenn man sich nun aber selbst Ansprüche stellt, ist das meiner Meinung nach etwas anderes. Immerhin muss man sich nicht immer vor anderen verantworten. Und so lange man mit sich selbst im Reinen bleiben kann, kann ich es nachvollziehen, Ansprüche an sich selbst zu stellen. Schwierig wird es an einem anderen Punkt: Genau dann, wenn man nicht mehr selbst merkt, was man eigentlich von sich abverlangt.

    Stell Dir mal vor, Du wärst plötzlich tot (hat mir mal ein Arzt erzählt :D). Und stell Dir vor, Du würdest da stehen und zugucken, wo Du selbst gar nicht mehr da bist. Alles, was Dir wichtig wäre, was Du meinst, erledigen zu müssen, zu erschaffen (meinetwegen auch nur Texte oder Fotos), all das würde auch ohne Dich stattfinden. Es würde sich selbst erledigen oder von anderen erledigt werden. Und wenn nicht, es würde niemanden stören, vielleicht sogar nicht mal von irgendwem bemerkt werden – denn Dich hätte es vll. interessiert, doch bist Du ja gar nicht (mehr) da.

    Heiko via Friendica

    Das muss man erst einmal sacken lassen, finde ich. Vielleicht kann das helfen, sich seiner eigenen Rolle bewusst zu werden. Ich weiß nicht, ob ich auf dieses Gedankenspiel auf die schnelle Antworten kann. Vermutlich muss ich einfach noch ein bisschen länger darüber nachdenken. Ich möchte hier nichts schreiben, was ich einen Tag später bereue. Ich weiß nicht, wie ich mir mein Leben ohne mich vorstellen würde – denn genau das ist ja das Paradoxon, dass hier ein wenig mitschwingt.

    Genauso ist es mit allem anderen: Muss unbedingt diese eine Aufgabe XY zusätzlich erledigt werden – jetzt und sofort? Muss man jede E-Mail gleich beantworten? Muss man auch abends noch ans Telefon gehen, noch ganz schnell eine Message schreiben? Muss man unbedingt den Bus nachhause um 16:00 Uhr kriegen, wo der nächste doch schon in 20 Minuten fährt und man solange auch einfach in den blauen Himmel gucken könnte?

    Heiko via Friendica

    Sich selbst nicht zu hetzen – das ist glaube ich nie eine schlechte Idee. Manchmal blende ich aber vor dem Hintergrund irgendeiner noch so nichtigen Sache aus, das es darauf eigentlich gar nicht ankommt. So, dass ich gar nicht mehr merke, was ich da eigentlich hinterherlaufe. Aber mal ehrlich: Wer weiß so etwas denn immer schon vorher? Fehler zu machen, Sinnlosigkeiten, Belanglosigkeiten und alles was dazu gehört, ist das nicht auch ein bisschen menschlich? Sich aber selbst daran zu erinnern, was man hier eigentlich versucht: Das kann sicherlich nicht schaden. Ich bezweifle bloß, dass ich das in Zukunft immer rechtzeitig tun werde. Aber nicht mit Absicht. 🙂

    Überhaupt nichts wäre anders, er[f]üllte man sämtliche Ansprüche sofort und möglichst vollständig und fehlerfrei. Die Dinge würden von anderen erledigt. Es würde niemand bemerken, wärest Du nicht da. Wenn man ehrlich ist: Es gibt keinen Grund für Stress, nicht für den durch andere oder auch einfach „nur“ selbstgemachten.

    Heiko via Friendica

    Allen Ansprüchen gerecht zu werden, ist vermutlich auch gar nicht so wirklich möglich. Und das ist ja auch nicht schlimm. Hier möchte ich es noch einmal klar sagen: Immer nach dem „Besten“ zu streben, lässt oft vergessen, ob man das denn auch wirklich möchte.

    Ob es aber nie einen Grund gibt, wage ich nicht zu beurteilen. Mir jedenfalls kommt es so vor, als ob wir uns nur zu gern einen Grund einreden und dann vielmehr danach leben. Wie genau man das beurteilen sollte, das bleibt eine Aufgabe für jede und jeden einzelnen. Zumindest sehe ich das so.

    So gesehen ist für mich auch angenehmer Stress eben nur das, was er ist: Stress. Ich kann 100mal Dinge gern tun, in gewissen Grenzen ist das sicher auch reizvoll. Spätestens aber wenn man sich zuviel auflädt, wenn man nicht so richtig zur Ruhe kommt (und das dann ob des eigentlichen gerne Tuns nicht mal bemerkt) stellt man vielleicht fest, dass es keinen „positiven“ Stress geben kann.

    […]

    Wir nehmen uns alle zu wichtig. Und die Dinge, die uns von anderen gerne aufgebürdet, nochmal mehr.

    Heiko via Friendica

    Genau! Genau das meinte ich in einem der vorangegangenen Absätze. Und genau hier zeigt sich doch auch, wie vielschichtig das Thema eigentlich ist. Wenn manche ihren Stress von einer Seite angehen, und andere genau umgekehrt, versuche doch beide, irgendwie damit klar zu kommen. Wo die beiden Personen am Ende bleiben, habe sie ja irgendwie auch selbst zu verantworten. Irgendwie aber auch nicht, da es beinahe einen gesellschaftlichen Druck zu geben scheint, der sie dazu antreibt, mit „ihrem Leben klar zu kommen“.

    Nichtsdestotrotz denke ich, dass das unsere Diskussionsfrage hier auch etwas mit einer Art Selbsterfüllung zu tun hat. Natürlich kann ich entspannt an eine Aufgabe herangehen – und ich denke auch, dass das oft wohl viel gesünder wäre. Doch manchmal fühle ich auch diese gewisse Leere, wenn ich mich selbst nicht einmal mehr daran erinnern kann, was ich an einem Tag gemacht habe. Weil ich mich nicht daran erinnern kann, oder will, oder nicht muss. Wo genau das herkommt? Gute Frage. Nächste Frage.

    Das wir uns alle zu wichtig nehmen, steht denke ich außer Frage. Viel interessanter finde ich daher die Ursachen dafür – und vielleicht auch die Möglichkeiten aus diesem Verhaltensmuster auszubrechen. Vielleicht liegt es daran, dass wir alle immer mit anderen konkurrieren. Egal wo, irgendwo gibt es immer einen „Markt“, einen Pavianhügel oder andere Hierarchien. Diese umzuwerfen ist leichter gesagt, behauptet und geschrien – als getan.

    Ich persönlich halte die Idee des positiven Stresses ja eher für eine Erfindung der FDP, um Leisstungssteigerung zu generieren – aber… das ist eine andere Geschichte. 😀

    Heiko via Friendica

    Dieser Gedanke liegt nahe, ja. Womöglich sollte man hier aber zwischen persönlichen und gesellschaftlichen Fragen unterscheiden. Aber natürlich ändert selbst diese Unterscheidung nichts an der Frage, inwiefern neoliberales Denken den Alltag vereinnahmt. Ja, das ist ein anderes Thema. Vielleicht sollte ich darüber auch noch einen dedizierten Text schreiben. Bis dahin verweise ich auf diesen Artikel aus meinem politischen Blog „other society“.

    So… isch habe fertisch! 😀

    Heiko via Friendica

    Dann möchte ich dir für deine Anregungen danken. Das gilt übrigens auch für alle anderen Kommentare und Ideen zu meinen Texten und Blogeinträgen. 🙂

    Weitere interessante Anregungen von Heiko zum Thema findet ihr übrigens im Fediverse. Das sind natürlich ganz subjektive Eindrücke, diese sind aber ziemlich lesenswert.


  • 16. Juni 2023

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    In den letzten Tagen habe ich oft über Themen geschrieben, die sich eigentlich nicht so wirklich umreißen lassen. Ich habe das Gefühl, dass meine Texte in den letzten Tagen ein bisschen verschwommener waren, als sonst. So wirklich weiß ich auch noch nicht, woran das liegen könnte. Für mich ist es jedenfalls sehr interessant zu beobachten, wie sich meine Schreibe immer wieder hin und her entwickelt. Das meine ich weder positiv, noch negativ. Ich finde es nur spannend zu bemerken, wie sich meine Herangehensweise ändern kann.


    Ich habe gelernt: Einen Text über bloße Umstände zu schreiben, kann nicht ausreichen. Mir wurde beigebracht, dass eine Geschichte erst dann interessant wird, wenn darin Menschen vorkommen. Ich finde das sehr nachvollziehbar. Und irgendwie ist es doch auch schön zu hören, dass wir Menschen es interessanter finden, die Perspektiven von anderen zu hören, als nur die Umstände, die diese Ausmachen. Vor allem in politischen Diskussionen fällt schnell auch die ein oder andere Parole rund um eine „menschliche Politik“, oder einer Politik für die Menschen. Ich kann solche Formulierungen nachvollziehen. Ich würde sogar sagen, dass ich mich politisch damit anfreunden könnte.

    Im Stillen denke ich aber auch ein bisschen, dass das nicht an der eigentlichen Parole liegen könnte: Man kann Wahlsprüchen und Streitphrasen viel unterstellen, aber meistens stellt sich doch in erster Linie die Frage, ob dort überhaupt noch Inhalt drinsteckt. Mal ehrlich: Wenn wir von menschlicher Politik reden, geht es doch eigentlich um etwas anderes. Die Politik, die ich bisher kennengelernt habe, scheint eher aktiv gegen die Menschheit zu arbeiten. Zwischen Klimakrise und immer größeren werdenden sozialen Problemen ist diese vermeintlich „menschliche“ Politik, die man sich idealistisch ausmalen kann, doch manchmal auch ein kleiner Hoffnungsschimmer. Habe ich mich damit gerade wieder einmal vor mir selbst gerechtfertigt? Vielleicht. 🙂


    Kennt ihr noch die „Theme-Sage“, in der ich zu Beginn dieses WordPress-Blogs kleinlich dokumentiert habe, wenn ich das Theme der Seite angepasst habe? Irgendwann habe ich mich darauf festgelegt, die Theme-Sage wenn überhaupt, nur noch unter ein bisschen sinnvolleren Texten fortzuführen: Ich bin mal wieder zum „Twenty Thirteen“-Theme gewechselt, dass ich schon einmal verwendet habe. Ich kann mich einfach ziemlich schlecht festlegen. Vielleicht sollte ich mich in Zukunft eindringlicher daran erinnern.


    Schon seit geraumer Zeit nutze ich für diesen Blog kein Statistiken-Plugin mehr. Nachdem ich mich von Matomo getrennt habe, habe ich mich nicht mehr über die Aufrufzahlen dieser Seite informiert. Und wo ich mir seinerzeit schon recht sicher war, dass ich das eigentlich nicht brauche, kann ich hier noch eine kleine Bestätigung geben: Sicherlich mag es manchmal interessant sein, ein bisschen mehr über diejenigen zu lernen, die einen digital besuchen. Aber andererseits muss ich das auch nicht wissen. Und das ist wohl auch gut so.


    Vielleicht kann man mir anmerken, dass ich momentan etwas erschöpft bin. Das mag daran liegen, dass heute wieder viel passiert ist. Das mag daran liegen, dass es spät ist. Aber egal woran es liegt: Es ist nun einmal so. Vielleicht muss ich mich doch einmal, nur für einen Moment, nur für eine Ellipse, kürzer fassen: Gute Nacht. 🙂


  • Digital Naives?

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    Digital Naives?

    Manchmal habe ich das Gefühl, dass es jungen Menschen nur zu leicht fällt, darüber zu schmunzeln, wie ältere mit der Technik kämpfen. Wo die Bedienung eines Rechners oder gar eines Smartphones für viele aus jüngeren Generationen zum Alltag gehört, ist das bei älteren Herrschaften oft nicht der Fall. Doch je mehr ich darüber nachdenke, desto gefährlicher kommt mir die fast abgehobene Position vor, in der wir jüngeren wir uns oftmals sehen, wenn es um Technik und Digitalisierung im Alltag geht. Der Begriff der „Digital Natives“ also sozusagen der Ureinwohner des Informationszeitalters ist nicht ohne Grund sehr bekannt.

    Ich weiß nicht ganz, was ich von diesem Begriff halten soll. Sicherlich, seit meiner frühen Kindheit ist die Digitalisierung irgendwie „immer da gewesen“, und an manchen stellen sicherlich auch zu einem Teil des Alltags geworden, den ich nicht anders kennengelernt habe. Ich denke, dass ich und vor allem noch jüngere heute mit Sicherheit in der Digitalisierung groß werden und Erfahrungen sammeln. Doch die Frage ist doch auch: Haben wir wirklich genug Erfahrungen im Umgang mit Technik gesammelt, so dass wir uns als Ureinwohner des digitalen Raums bezeichnen können? Für mich steht diese Frage heute beinahe offen im Raum, und damit meine ich nicht den digitalen. Wenn diejenigen, die sich selbst als „Digital Natives“ bezeichnen einmal in sich gehen – wo kommen wir dann raus?

    Neben dem Begriff der „Digital Natives“ ist auch der Begriff der „Digital Naives“ populär – und diesen kann ich irgendwie besser nachvollziehen. Gerade bei (noch) jüngeren habe ich oft den Eindruck, als würde der Umstand der Technik im Alltag und der Digitalisierung überall gar nicht mehr hinterfragt. Wo ich hier sitze und darüber schreibe, kann ich mir das bei (noch) jüngeren manchmal gar nicht vorstellen. Ich finde es selbst irgendwie unangemessen, wenn ältere Semester behaupten, die Jungend sei verdorben. Und ich bin froh, dass dieses Klischee in der Realität wohl eine Ausnahme ist. Ich muss hier wirklich aufpassen, wie ich mich formuliere. Mir geht es nicht darum, zu beurteilen, wie bestimmte Generationen zur Digitalisierung stehen. Ich frage mich viel mehr, ob sich andere in dem Zusammenhang noch selbst hinterfragen.

    Ich muss aufpassen, dass ich selbst hier nicht zu pessimistisch werde. Ich denke nicht, dass ich auch nur in Ansätzen den Selbsteinschätzungen älterer wie jüngerer Menschen gerecht werden könnte, wenn ich hier einfach drauf los schreibe. Für mich ist es ja sogar schon schwierig, mich selbst mithilfe dieser Begrifflichkeiten zu verorten. Ich möchte nicht naiv sein, und ich möchte auch nicht voreingenommen über andere urteilen. Ich möchte genau so wenig voreingenommen beurteilt werden. Aber ehrlich gesagt möchte ich auch nicht an die Teilnahmslosigkeit denken, die manche Nutzerinnen und Nutzer von digitalen „Angeboten“ auf mich machen. Ich möchte nicht vorschnell über technische Entwicklungen urteilen, diese aber auf gar keinen Fall unhinterfragt zurücklassen. Wie genau ich diese Haltung mit einem Begriff beschreiben würde, das weiß ich selbst nicht.


  • 3. Mai 2023

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    Wer kennt sie denn nicht, die Nachrichtenflut, die manchmal auf uns einprasselt? Ich selbst möchte mich gern auf dem Laufenden halten. Manchmal komme ich aber einfach nicht dazu, dass zuverlässig im Alltag umzusetzen. Manchmal habe ich das Gefühl, nach einem stressigen Tag nicht noch mehr Negativität in meinen Alltag lassen zu wollen: Nachrichten können negativ sein. Und in einer Welt, in der so viel schief läuft, wie in unserer ist das leider keine Seltenheit. Auch wenn es weniger anstrengen mag, nicht immer auf dem neuesten Stand zu sein: Manchmal habe ich ein schlechtes Gewissen, wenn ich aus Versehen oder absichtlich hin und wieder ausblende, was um mich herum geschieht. Manchmal möchte ich nicht noch einmal daran erinnert werden, wie negativ die Welt sein kann und ist – Tag für Tag.

    Andererseits ist natürlich auch klar: Ein ständiges Ignorieren hilf nicht. Immerhin bin ich auch ein Teil dieser Welt, die mir hin und wieder zu anstrengend und zu negativ wird. „Zu negativ“ – was heißt das überhaupt? Hat es nicht auch etwas negatives, alles auszublenden? Sicher, das mag bequemer sein. Nur darf man dann auch nicht erwarten, zu verstehen woran das alles liegen könnte. Wenn ich mich für etwas nicht interessiere, wird es für mich mit der Zeit irrelevant. Doch Nachrichten sind ja nicht negativ, weil sie das wollen: Nachrichten sind negativ, weil sie das oft müssen. Müssten wir daraus nicht schließen, dass Nachrichten das zu oft müssen?

    Ich habe ein schlechtes Gewissen, wenn ich meine Umwelt vollkommen ausblende. Dabei geht es mir nicht notwendigerweise nur um die sozialen Bindungen und Beziehungen zu anderen. Es geht auch, vor allem, darum, andere Lebensrealitäten anzuerkennen. Einerseits ist das eine Frage der Toleranz. Andererseits eine Frage des Zusammenlebens als solches. Wo es für mich auf einer persönlichen oder vielmehr privaten Ebene manchmal schwierig ist, auf Menschen zuzugehen, habe ich bei einer sachlichen Ebene eigentlich keine wirklichen Probleme: Vielleicht bin ich eher an den Fragen die Menschen bewegen, und dabei nicht sofort an deren Privatleben interessiert? Manchmal habe ich das Gefühl, soziale Beziehungen zu oft nicht richtig einschätzen zu können. Andererseits stelle ich eine gewisse Neugier fest, nach der ich auch kein Problem habe, auf Menschen zuzugehen.

    Vielleicht ist das einer der Gründe, warum ich ein schlechtes Gewissen habe, wenn ich Gesellschaft und Politik um mich herum lange, zu lange ausblende. Hin und wieder beschleicht mich eine gewisse Selbstanklage. Dann denke ich, dass so ein Verhalten auf Dauer sehr ignorant wäre. Hätte man mich vor ein paar Monaten gefragt, was ich von politischen Desinteresse halte – meine Antwort wäre klar gewesen. Doch mit der Zeit habe ich auch festgestellt, dass eine Nicht-Positionierung in sich eine Positionierung sein kann. Natürlich sind wir dauerhaft von unzähligen Medien umgeben – ich würde auch behaupten, dass das zu einem Großteil meines Lebens bisher nicht anders gewesen ist. Sich zielgerichtet durch das Informationszeitalter zu lotsen bleibt trotzdem eine tägliche Aufgabe. Aber ich bin viel zu neugierig, als das ich diese Aufgabe nicht als Herausforderung annehmen wollte. 🙂


  • Blogging-Phasen

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    Mit seinem Archiv-Widget bietet mir WordPress eine erstaunlich interessante Möglichkeit, meine eigenen Blogging-Gewohnheiten nachzuvollziehen. Wenn ich so auf das Archiv schaue, fällt mir einmal mehr auf, wie zyklisch ich blogge oder schreibe – um diesen Artikel ein wenig allgemeiner zu fassen. In manchen Monaten schreibe ich zum Beispiel sehr wenig oder fast nichts. In anderen Monaten möchte ich gar nicht mehr aufhören. Sicherlich hat das auch etwas damit zu tun, dass ich teils andere Dinge zu tun habe – oder einfach Texte verwerfe, die ich eigentlich nicht verwerfen müsste. Aber ich kann, wenn ich so darüber nachdenke, auch feststellen, dass ich sehr zyklisch motiviert bin, gar richtige „Motivationsschübe“ haben kann.

    In den letzten Tagen habe ich mich zum Beispiel stark mit WordPress auseinandergesetzt, und meinen „Entdeckungsprozess“ in diesem Blog festgehalten. Allein heute habe ich außerdem schon vier Texte veröffentlich, das hier ist gerade der fünfte. Meine Motivation zu schreiben hängt also auch davon ab, ob ich Themen habe, die mich ausreichend interessieren. Ein klassisches Tagebuch habe zum Beispiel noch nicht über einen Blog umgesetzt. Gestern Abend habe ich etwa MicroOS Desktop installiert – und heute habe ich viel darüber geschrieben. Mir ist dabei auch aufgefallen, dass Themen in sich eine teilweise sehr unterschiedliche „Hemmschwelle“ für mich bieten. Zu freier Software zu schreiben fällt mir beispielsweise sehr leicht, da ich mich dabei an technischen Details, gewissen Funktionen oder auch philosophischen Aspekten der jeweiligen Software oder Software-Gemeinschaft orientieren kann und an eben diesen Aspekten eigene Gedanken anknüpfen kann. Besonders angenehm gestalten lassen sich natürlich weniger formelle Artikel gestalten – zum Beispiel jene Texte in diesem Blog. Je mehr inhaltliche und formelle Verantwortung ich in einen Beitrag legen möchte oder muss, umso mehr durchdenke oder überdenke ich den jeweiligen Text.

    Wenn ich also einen politischen Text schreiben möchte, lastet eine höhere inhaltliche Verantwortung auf dem eigentlichen Prozess des Schreibens. Diese lege ich mir zugegebener Maßen zum Großteil selbst auf. Übrigens nehme ich bei politischen Texten auch wesentlich schneller nachträgliche Änderungen an inhaltlichen Aspekten, Ausdrucksweisen oder Formulierungen vor. Nicht etwa, weil ich Leser in die Irre führen möchte, sondern weil ich solche Artikel noch wesentlich länger im Nachhinein überdenke und mich wesentlich schneller an etwaigen oder tatsächlichen Missverständnissen stoße. Damit einhergehend ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass ich im Nachhinein noch zu einem Thema diskutiere wesentlich höher, wenn es um politische Inhalte geht. Ich denke, das ist auch in gewisser Weise nachvollziehbar. Das Ende „vom Lied“ ist dann aber nicht selten auch, dass ich wesentlich weniger politische oder gesellschaftskritische Texte schreibe. Angesichts der aktuellen politischen (und informationellen) Gesamtlage halte ich vorschnelle Positionierungen, gerade bei meinen Artikeln, für überdurchschnittlich wahrscheinlich. Dann schreibe ich teils lieber darüber, dass ich das schwierig finde – es wird also wieder einmal Zeit dazu, ein bisschen kontroverser zu schreiben. 😉

    Vermutlich werden hier auch in Zukunft noch einige Texte zu derartigen Themen erscheinen – davon kann und will ich mich einfach nicht lossagen. 🙂


  • Die Nachrichtenflut, Teil 1

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    Es ist schwer, mit der täglichen Nachrichtenflut angemessen umzugehen: Einerseits möchte ich besser nichts verpassen, andererseits fehlen mir manchmal schlicht und ziemlich ergreifend Zeit und Energie, mich mit der gesamten Nachrichtenlage auseinanderzusetzen — in einem Maße, nach dem ich nicht nur mit Halbwissen um mich werfen könnte, würde ich einmal danach gefragt werden.

    Eine naheliegende Lösung für dieses Problem scheinen mir RSS-Feeds und -Reader zu sein, immerhin sind meine Anforderungen nicht sonderlich hoch: Einige Feeds sollen sich möglichst nach frei wählbaren Kategorien sortieren und chronologisch anzeigen lassen, so weit, so trivial. Doch wenn es um einen Web-Zugriff, Speicherfunktionen und das Lesen im Feed-Reader selbst geht, scheinen sich zumindest die kostenfreien Angebote der bekannten Dienstleister immer um durch den einen Wehrmutstropfen, die eine Beschränkung selbst auszuschließen.

    Am Desktop habe ich kein Problem mit irgendwelchen Feedreadern: Liferea und Akregator bieten mir alles, was ich mir nur wünschen könnte, sind aber nicht Web-basiert. Sprich: Von einem dritten Gerät darauf zuzugreifen, kann ich mir zumindest mit diesen Optionen schoneinmal abschminken.

    Die kommerziellen Feedreader im Web bewerben gerade heutzutage oftmals ihre Premium-Pläne mit fehlenden Funktionen der Testversionen: Die Suche wird dadurch natürlich alles andere als einfacher.


  • (Kurze) Gedanken zu künstlichen Pseudo-Intelligenzen

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    In der letzten Zeit sind Web-Dienste, die auf künstlichen neuronalen Netzwerken, landläufig künstliche Intelligenzen genannt, immer bekannter geworden. Besonders hervor stechen dabei die künstlichen Künstler, Algorithmen also, die anhand bestimmter angegebener Kriterien und einer entsprechenden Datenbank Bilder generieren — in einem bestimmten Stil, zu einem bestimmten Thema, mit einer unbestimmten Intention. Ich persönlich weiß nicht, was ich davon halten soll:

    Einerseits sind derartige Dienste wirklich faszinierend, die Möglichkeiten, die sich dadurch ergeben scheinen unergründlich und irgendwie endlos, auch wenn natürlich klar ist, dass eine kI immer nur so “gut” sein kann, wie die Gesamtheit an Daten, mit denen sie gefüttert wurde. Die Frage ist: Geht die kI über diese Gesamtheit hinaus? Ist sie in der Lage, Informationen durch neuartige Kombinationen zu neuen Daten umzuformen? Ich weiß es nicht, in bin bei diesem Thema nun wirklich kein Experte, ich habe nicht das nötige Wissen, derartige Dienste und Ansätze zu bewerten, egal ob in technischer oder künstlerischer Hinsicht.

    Aber auch ich mache mir dazu meine Gedanken; allein schon weil sich kI-en so ein gutes Stück in die öffentliche Wahrnehmung meines Umfelds geschoben haben, gerade im Netz. Ich frage mich, ob künstliche Intelligenzen dieser Art ein Segen sind: Lebt nicht gerade Kunst davon, neu Erschaffen zu werden, zumindest in dem Glauben, eine vermeintlich eigene Idee kreativ umzusetzen? Lebt Kunst nicht zumindest in Teilen davon, die Intentionen der Künstlerin widerzuspiegeln? Ich weiß es nicht.

    Der neue heiße Kot scheint, nach der Umsetzung künstlicher Kunst, die Ummodellierung eigener Text durch eine kI zu sein: Caschy’s Blog thematisierte neulich zum Beispiel “DeepL Write”, das eigene Texte “verbessern” soll. Einfach einen Abschnitt markieren, einfach einen “besseren” Stil reingedrückt bekommen. Ich. Weiß. Nicht. Was. Das. Soll!

    Kann eine künstliche Intelligenz nicht auch nur so schlecht funktionieren, wie der Durchschnitt seiner Datengrundlagen? Warum wird es ernsthaft als Verbesserung gehandelt, wenn eine vielleicht angeschimmelte Datenbank, die deswegen auf einmal Beine bekommen hat, einen charackterlosen Stil in jeden Text presst, jede Individualität für einen vermeintlichen Vorteil aufgibt? Wie soll das ablaufen?

    Sage ich dann: Joa, liebe kI, schreibe das bitte in meinem Stil um, ach nee warte, den habe ich ja schon vor zwei Monaten an dich abgegeben; dann schreibe mir das bitte im unschlagbaren Stil eines Tweets von Donald Trump, der kann doch auch mit inhaltlichem Kot total viele Leute für sich gewinnen; liebste kI, sei doch so gnädig. Amen.

    Merkt ihr selbst, oder??


  • Gedanken zum Fediverse, Teil vier: Freiheit, Dezentralität und Kontrolle

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    Momentan gehen Datenleaks und zugehörige DSGVO-Bußgelder durch die Techie-Presse, betroffen sind dabei insbesondere Twitter und Meta (formerly known as Facebook). Wenn es also um Sicherheit der eigenen Daten geht, sind die ehemals großen unsozialen Netzwerkplattformen alles andere als vertrauenswürdig — im Gegenteil.

    Und doch diskutiert meine Blase momentan über etwas anderes: Die Sicherheit im Fediverse, die Verantwortung, die die Betreiber einzelner Instanzen auf sich nehmen.

    Ich kann gut nachvollziehen, dass eine Fediverse-Instanz, sobald eine gewisse Größe erreicht ist, schnell über den Kopf der Betreiber/innen herauswachsen kann; klar ist auch, dass jeder, der Fediverse-Dienste nicht auf einem eigenen Server hostet ein gewisses Maß an Kontrolle abgibt und umso mehr Vertrauen gegenüber Instanzhostern aufbringen muss.

    Trotzdem halte ich das Fediverse unterm Strich für wesentlich angenehmer, was die bleibe der eigenen Daten angeht: Die meisten Fedi-Dienste sind auf Privatsphäre getrimmt, standardmäßig. Das hebt sie auch von ihren proprietären Mitbewerbern ab.

    Wer soziale Medien nutzen und gleichzeitig ein Mindestmaß an Kontrolle wahren oder erweitern möchte, wird an freien Plattformen nicht vorbei kommen.

    Die Plattformen des Fediverse sind in dieser Hinsicht der momentane Platzhirsch — auch wenn das große Webseiten vielleicht nicht wahrhaben wollen.

    Wer seine eigenen Daten im Netz behalten und eben nicht am Eingang abgeben möchte, sollte meiner Ansicht nach auf Dezentralität setzen: Der Exodus, die Abwärtsschleife, in der sich Twitter nunmehr seit Wochen befindet zeigt das ganz deutlich.

    Daten auf zentralisierten Plattformen hängen von der Sicherheit des jeweiligen Dienstes ab, auf Gedeih und Verderb sind die Nutzenden diesem ausgeliefert. Um in der Metapher der “Plattform” zu bleiben: Auf einer proprietären Plattform sammeln sich alle Nutzenden, werden dabei aber nur von einem Stützpfeiler gehalten. Sollte dann ein wild gewordener oder gebliebener Multimilliardär anfangen, aus Spaß die Säule Tag für Tag ein Stückchen weiter zu zersägen, sollte zu denken geben.

    Im Fediverse stehen wir zwar auch auf einzelnen Plattformen, von denen wir abhängen. Nur gibt es davon eben nicht nur eine. Wenn Plattform A in den Abgrund stürzt, können wir zumindest noch rechtzeitig unsere Sachen packen und auf Plattform B springen. Ein Twitter-Nutzer kann das nicht von sich behaupten.

    Zusammengefasst bietet das Fediverse drei wesentliche Vorteile:

    • die Freiheit und Offenheit des Quellcodes erlauben Überprüfungen auf Vorteile, Mängel, Schwachstellen und Sichtungen des Getriebes
    • die Dezentralität verhindert den vollkommenen Verlust eines persönlichen sozialen Netzwerks
    • die Option, selbst zu hosten kann Nutzerinnen und Nutzern eine vollständige Kontrolle über die eigenen Daten gewährleisten, sollte das nicht der Fall sein, sind sie zu einer hohen Wahrscheinlichkeit selbst schuld

    Um es nocheinmal zu Wiederholen: Die Nutzerinnen und Nutzer von Plattformen wie Twitter oder Facebook können diese elementaren und essentiellen Vorteile nicht genießen; im Fediverse hängt, so meine Sicht auf die Dinge, aber auch einiges davon ab, wie die wesentlichen Vorteile genutzt werden.

    Als nicht-Entwickler fällt es sicherlich schwer, den Quellcode vollständig oder zumindest an den wichtigen Stellen nachzuvollziehen, doch die anderen beiden Vorteile kann jeder Fediverse-Freund, wenn er denn nur will, für sich (und andere) umsetzen:

    Seit dem Twitter-Exodus wird die Dezentralität des Fediverse immer wichtiger zu betonen, die Performance-Probleme von mastodon.social können dahingehend als akutes Warnzeichen verstanden werden.

    Die Option, selbst zu hosten ist meiner Ansicht nach noch nicht genug erforscht und diskutiert worden. Ich persönlich sehe meine entsprechenden Fähigkeiten als (noch) nicht ausreichend, perspektivisch bin ich aber durchaus interessiert daran. Eine einsteigerfreundliche Debatte dazu im Fediverse würde diesem sicherlich nicht schaden.

    Einen Einstieg in das Fediverse kann jeder relativ leicht bekommen, indem er sich auf der nächstbesten Mastodon-Instanz anmeldet. Das Potential des Fediverse kann in seiner Gänze aber nur genutzt werden, wenn entsprechende Vorteile erkannt und individuell aber auch kollektiv in die Tat umgesetzt werden.

    Meine Meinung. 🙂


  • Übermedien, Böhmermann und der Radikalismus der FDP

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    Heute erschien auf Übermedien.de ein kurzer Absatz, in dem die nette Redaktion erklärt, wie die letzte Ausgabe des ZDF Magazin Royale zu verstehen sei: Es handelt sich dabei um die Sendung, in der die FDP satirisch mit der RAF verglichen wird.

    In der Annahme, dass das relativ einfach zu verstehen sei und natürlich auch ohne die vermutlich sinnlose Diskussion dazu auf Twitter zu kennen, war ich doch schon relativ verwundert, dass erst ein paar Medienjournalisten kommen müssen, um ihrem Publikum zu erklären, wie eine Böhmermann-Satire zu verstehen sei.

    Wie auch immer, über den Kern der Satire geht der Übermedien-Artikel nicht hinaus; sicherlich, das mag man bewusst so gewählt haben, doch zu diesem Thema lässt sich noch viel mehr sagen.

    Warum spricht man beispielsweise nicht auch einmal den verschobenen Begriff von Radikalität und Extremismus an, den man in der aktuellen Debatte wieder und wieder antrifft?

    Es gibt eben keine feste Definition extremer Positionen; ein Politikverständnis nach dem Hufeisenschema ist schon seit Jahren veraltet: Extreme Positionen lassen sich nicht pauschal als solche einordnen und können selbst wenn sich jemand anmaßt, das doch zu tun, nicht in die Kategorien “links” und “rechts” eingeteilt werden.

    Das politische Spektrum ist und bleibt zu vielschichtig und vielfältig, eine solche General- und Pauschalisierung möglich zu machen.

    Radikal meint, so meine Definition, stark vereinfacht ausgedrückt, ein Problem an der Wurzel zu packen und eben nicht nur an der Oberfläche zu kratzen. Das sagt auch schon das Wort und vor allem sein Stamm “Radi-” aus.

    Wer die FDP ernsthaft als linke Partei bezeichnet, kann von mir aus getrost als politische Knalltüte bezeichnet werden; wer aber eine entsprechende Satire veröffentlicht, und das ist in einem Satiremagazin keine Seltenheit, kritisiert einen wichtigen Punkt der politischen Diskussionskultur dieser Tage valide:

    Die Mitte kann genauso extrem sein, wie Linke oder Rechte, sollte man darunter eine starke Veränderung gesellschaftlicher Strukturen verstehen. Ob das dann radikal ist, ist, wie ich bereits versucht habe, zu erklären, nicht sonderlich leicht zu beurteilen.

    Das Satire heute eine Erklärung braucht, lässt sich meiner Ansicht nach aber leicht einordnen: Das ist einfach traurig.