„Jeder“ kennt und „jeder“ nutzt die Wikipedia. Egal, ob man nur kurz etwas nachschlagen, oder sich tiefer in ein Thema einlesen möchte: Im Internet ist die freie Enzyklopädie meistens die erste Wahl. Auch ich nutze die Wikipedia ständig. Wenn ich eine Wartezeit überbrücken oder mir die Zeit vertreiben möchte. Wenn ich in ein Thema einsteigen möchte. Wenn ich Wissen auffrischen oder finden möchte: Die Wikipedia ist zu meiner Anlaufstelle der Wahl geworden. Umso interessanter ist es für mich, darüber nachzudenken, wie es eigentlich um das freie Wissenswerk unserer Zeit steht.
Immer wieder gibt es den Vorwurf, die Wikipedia könne nur bedingt seriös sein: „Da kann ja jeder reinschreiben!“ – So etwas wird nur zu oft behauptet. Natürlich stellt das die Wikipedia in einem ziemlich schlechten Licht dar. Zumindest auf den ersten Blick. Was nämlich, wenn dieser erste Eindruck täuscht? Ich wage zu hinterfragen, ob die Wikipedia wirklich als so unseriös gelten sollte, wie sie heute dasteht. Sicher bin ich bei diesem Thema etwas parteiisch, weil ich die Wikipedia derartig oft in meinem Alltag unterbringe. Und ein Faktencheck zu den Informationen der Enzyklopädie wird das hier auch nicht: Natürlich kann man der Wikipedia vorwerfen, dass das umgesetzte Modell Schwachstellen birgt.
Klar ist sicherlich auch, dass diese Schwachstellen tatsächlich existieren: Jeder kann mehr oder minder einfach auf die Wikipedia Einfluss nehmen. Und auch wenn die einzelnen Beiträge stets gegen geprüft werden, werden Hintertüren immer wieder genutzt. Unternehmen, Parteien und Politiker können auf die Wikipedia Einfluss nehmen. Das streite ich nicht ab. Trotzdem birgt die freie Enzyklopädie ein Potential: Eine womöglich seltene Möglichkeit der demokratischen Teilnahme.
So wie Unternehmen und Parteien daran interessiert sein können, die Wikipedia zu verunstalten, können wir daran interessiert sein, sie faktisch richtig und seriös zu halten: Die Wikipedia hängt von den Menschen ab, die sich an ihr beteiligen. Und das kann jeder sein. Natürlich kann nicht jeder alles wissen – und genau hier kommt die eigentliche Stärke hinter der Wikipedia zum Tragen: Genau hier zeigt sich, warum die Wikipedia in einem entscheidenden Punkt den klassischen Lexika voraus ist. Die Wikipedia kann als eine Wissenssammlung angesehen werden, zu der jeder beitragen kann. Und wer etwas zu einem Thema weiß, der informiert andere darüber.
Eigentlich klingt das wie eine Binsenweisheit, doch in der Realität ist gegenseitige Hilfe oft eine Seltenheit: Mit der Wikipedia wird Wissen in einem Umfang archiviert, der mit einem klassischen Lexikon schlicht nicht zu vergleichen ist. Und das alles über eine Gemeinschaft, an der sich jeder beteiligen kann. Egal mit welchen Mitteln, egal in welcher Sprache: Die Wikipedia ist zu einem Gemeinschaftsprojekt der Menschheit im digitalen Raum geworden. Dabei entwickelt sie sich natürlich stets weiter.
Fakt ist auch: Jeder kann etwas in die freie Enzyklopädie schreiben. Aber bevor etwas tatsächlich veröffentlicht wird, muss es erst geprüft werden. Gute Belege gehören in der Wikipedia zum guten Ton. Ich habe das Gefühl, dass dieser Fakt oftmals vergessen wird. Die Wikipedia besteht nicht aus Willkür. Wer doch darauf stößt, kann sich daran beteiligen, diese Willkür zu beseitigen.
Wer die Wikipedia vorverurteilt, sollte einen Blick darauf werfen. Gerade als ein Überblick kann die Wikipedia oft sehr gut weiterhelfen. Sie lädt aber auch dazu ein, sich tiefer mit einem Thema auseinanderzusetzen. Überall finden sich Verweise zu Quellen und Fachliteratur, in den Diskussionssektionen zu einzelnen Einträgen wird Tag für Tag diskutiert. Sollte man das wirklich ausblenden? Und dann auch noch unter dem Vorwand, dass „da ja jeder etwas reinschreiben“ könnte? Würdigt das nicht auch die Stunden an Arbeit herab, die Autoren, Fotografen und Korrekturleser – kurz Wikipedianer – investiert haben, um Wissen zugänglicher zu machen?
Sicherlich sollte man keine Facharbeit anhand eines Wikipedia-Artikels schreiben. Aber hattet ihr das wirklich vor, als ihr euch das letzte mal über die Wikipedia beschwert habt? Am Ende bleibt da auch eine gewisse Frage: Die des eigenen Anspruchs. Darf man denn auch den Anspruch haben, Wikipedia als offenes Gemeinschaftsprojekt zu betrachten? Fakt ist: Jeder kann helfen, die Wikipedia zu verbessern. Und auf der Wikipedia bräuchte ich für diese Aussage vermutlich einen Quellenbeleg.
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